Ramadan karim! Zum Beginn des Ramadan meine schönste Geschichte. Aus Syrien. Über Rebellen, die mitten im Krieg mit Soldaten Fußball spielen. In Teilen Syriens schweigen seit Wochen die Waffen. Auch in Hussainiya bei Damaskus. Irgendwann erinnerten sich lokale ‚Babeela-Rebellen‘ und Soldaten der ‚National Defense‘ daran, dass sie einst Freunde waren. Zwar schoben sie an ihren Checkpoints noch immer Wache. Doch geschossen wurde kaum noch. Also beschlossen sie, wieder mal Fußball zu spielen. Wie früher.

Eines Abends im Frühling zogen die Rebellen und Soldaten in Hussainiyah ihre Kampfkleidung aus und Sportkleidung an. Wie Lausbuben, halb verlegen, halb verschmitzt, liefen sie zu einem Spielplatz in der Nähe ihrer Kampfstellungen. Dort warteten schon Freunde, Verwandte und Nachbarn. Mancher Zuschauer wischte sich heimlich eine Träne aus den Augen. Es war ja auch fast wie in einem Märchen. Vor ein paar Monaten wurde hier noch getötet.

Dann pfiff der Schiedsrichter das Spiel an. 90 Minuten lang rannten sich Rebellen und Soldaten die Seele aus dem Leib, um den Ball zwischen die Sandsäcke zu hämmern, die die Tore bildeten. Ihre Anhänger schrieen sich die Kehlen heiser. Am Ende des leidenschaftlichen Matchs stand es 2:2. Unentschieden wie der Krieg? Das ging ja gar nicht. Also entschied man, bis zum ‚Golden Goal‘ weiterzuspielen.

Das schossen die Rebellen. Nachdem sie das 3:2 ausgiebig bejubelt hatten, nahmen sie ihre nass geschwitzten Gegner in die Arme und bedankten sich für das faire Spiel. Natürlich mussten sie ein Rückspiel versprechen. Es werde mit einer krachenden Niederlage enden, drohten die Soldaten lachend. Dann zogen beide Mannschaften zu ihren Checkpoints und Stellungen zurück. Manche mit blutenden Zehen. Einige hatten in zerrissenen Turnschuhen gespielt. Trotzdem waren alle unbeschreiblich glücklich.

Ich weiß, dass in anderen Teilen Syriens, wie in Aleppo oder Ost-Goutha, noch immer brutale Kämpfe toben. Aber gerade deshalb sage ich: Mein Gott, wäre Frieden schön! Selbst der schlechteste Waffenstillstand ist besser als der perfekteste Krieg. Die jungen Kämpfer von Hussainiyah, 5 km vor Damaskus, haben den Politikern vorgemacht, wie Frieden geht.

Könnten unsere ehrenwerten Politiker nicht alle mal ihre ‚Ärsche bewegen, und statt nach Wien und Genf nach Damaskus fahren und dort solange verhandeln, bis es Frieden gibt? Sie sind doch an diesem Krieg Mitschuld. Viel mehr als die Syrer.

Doch das ist eine andere Geschichte. Die Geschichte der Strippenzieher und Waffenlieferanten ist bei weitem nicht so schön wie das Fußballspiel zwischen den Babeela-Rebellen und den Soldaten von Hussainiyah. Euer JT

PS: Kennt Ihr den Film ‚Merry Christmas‘ über eine ähnliche Geschichte im 1. Weltkrieg? Manchmal wiederholt sich die Geschichte. Auch im Guten.