Einflüsterer in Expertengruppen: EU-Kommission versagt im Anti-Lobby-Kampf und: Konzern-Lobbyisten beherrschen seit jeher die Expertengruppen

Finanzmarkt- und Konzernmacht-Zeitalter der Plutokratie unterstützt von der Mediakratie in den Lobbykraturen der Geld-regiert-Regierungen in Europa, Innsbruck, 2014-04-06

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aus dieser Quelle entnommen: http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/lobbyismus-eu-kommission-bricht-laut-bericht-reformversprechen-a-932066.html

 

Einflüsterer in Expertengruppen: EU-Kommission versagt im Anti-Lobby-Kampf

Von Claus Hecking

Konzern-Lobbyisten beherrschen seit jeher die Expertengruppen, welche die EU-Kommission bei Gesetzesvorhaben beraten. Die Behörde hat gelobt, die Gremien ausgewogener und transparenter zu besetzen. Ein leeres Versprechen, zeigt eine neue Studie.


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EU-Kommissionsgebäude in Brüssel: „So kann es nicht weitergehen“

Wer in der EU-Kommission Karriere machen will, braucht die richtigen Berater. Mal muss der Beamte eine Verordnung für die Bienenzucht ersinnen, mal Normen zur Klassifizierung von Schweinehälften. Mal steht eine Schwachstrom-Richtlinie an, dann der Datenschutz – was Brüssel halt so alles reguliert.

Weil nicht einmal die Kommissionsleute alles wissen, holen sie sich den Rat ihrer Expertengruppen: Fachleuten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft, die sich wirklich mit der Materie auskennen. Zu Hunderten helfen sie der Kommission beim Ausarbeiten neuer Gesetzestexte – und beeinflussen sie nebenbei nach Kräften.

Die Expertengruppen sind Europas heimliche Machthaber. Und ein rotes Tuch für Lobbykritiker. Schließlich werden diese Gremien seit jeher von Einflussnehmern der Großkonzerne dominiert. Mittelstand, Wissenschaft, Nichtregierungsorganisationen (NGOs) , Gewerkschaften und andere Interessengruppen sind dagegen notorisch unterrepräsentiert.

Zweimal musste die EU-Kommission bereits eingestehen, dass viele Expertengruppen hauptsächlich aus Big-Business-Lobbyisten bestehen. Gerade dort, wo es um das große Geld geht: Steuern, Industriepolitik, Finanzmarktregulierung. Erst vor einem Jahr, als entsetzte Europaabgeordnete der Kommission Budgetzahlungen von rund zwei Millionen Euro verweigerten, gelobte die Brüsseler Superbehörde eine ausgewogenere, transparente Besetzung der Expertengruppen. Prompt gab das Parlament die Mittel wieder frei.

Doch ihr feierliches Versprechen setzt die Kommission offenbar kaum in die Tat um. Das prangert die NGO Alter-EU nun in einer Studie an, die alle neuen Expertengruppen untersucht. Die Lobbykritiker veröffentlichen den Report am Mittwochnachmittag, SPIEGEL ONLINE lag er vorab vor. Sein Titel lautet „Ein Jahr der gebrochenen Versprechen“. Zu den wichtigsten Kritikpunkten zählt:

  • In den 38 Expertengruppen, welche die Kommission seit September 2012 einberufen hat, tummeln sich laut Alter-EU insgesamt mehr Vertreter der Großindustrie, als alle übrigen Interessengruppen zusammen stellen.
  • Die Generaldirektion Steuern hat ihre Beratergremien dem Bericht zufolge zu 79 Prozent mit Lobbyisten der Konzerne und multinationaler Wirtschaftsprüfungsfirmen wie Deloitte oder PwC besetzt. Kleine und mittelständische Unternehmen sowie die Wissenschaft kommen lediglich auf je drei Prozent Anteil, die Gewerkschaften sogar nur auf ein Prozent.
  • Bei der Expertengruppe zur Vorratsdatenspeicherung seien alle sieben externen Berater Vertreter von Vodafone und anderen Telekom-Riesen, heißt es im Report.
  • Obwohl die EU-Kommission versprochen hatte, die Expertengruppen per öffentlicher Ausschreibung zu besetzen, hielt sie sich in drei Fünftel der Fälle nicht daran. Die Generaldirektionen Forschung und Innovation sowie Gesundheit und Verbraucherschutz verzichteten der Studie zufolge ganz auf dieses transparente Verfahren.

Die Lobbywächter zeigen sich entrüstet. Die Kommission verbreite nur heiße Luft, sagt Pascoe Sabido von Alter-EU. „Sie nimmt ihre Selbstverpflichtung nicht ernst.“ Auch im Europaparlament wächst die Wut auf die Brüsseler Obrigkeit. „So kann es nicht weitergehen, Zivilgesellschaft und Wissenschaft müssen endlich Mitsprache kriegen“, fordert der unabhängige Abgeordnete Martin Ehrenhauser. Viele Konzernvertreter, Berater und Anwälte hätten sich nicht einmal in das Lobbyregister der EU eingetragen, das so immer mehr zur Farce werde. Und der Grünen-Finanzexperte Sven Giegold schimpft: „Die Kommission begreift nicht, dass sie mit solchen Aktionen das Vertrauen der Menschen in die EU noch weiter untergräbt.“

Giegold hat selbst kürzlich Protest eingereicht: Gegen eine Expertengruppe zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung, Steuervermeidung und Steuerflucht, welche die Kommission nach einem Gipfelbeschluss von Europas Staats- und Regierungschefs eingerichtet hatte. Giegold zufolge besteht das Gremium zu zwei Dritteln aus Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern und Vertretern von Verbänden, deren Mitglieder ihr Geld ausgerechnet mit Tipps zur Steuervermeidung verdienen. Größer können Interessenkonflikte kaum sein.

„Wenn die Expertengruppen nicht paritätischer besetzt werden, müssen wir wieder Druck aufbauen“, sagt Jutta Haug (SPD), Vizechefin des Haushaltskontrollausschusses. Sie, Ehrenhauser und Giegold machen sich dafür stark, die Zahlungen an die Kommission notfalls erneut einzufrieren. Das allerdings geht frühestens im nächsten Herbst: Die Finanzierung für das kommende Jahr hat das Parlament der Kommission schon bewilligt. Bis dahin werden Brüssels Beamte wohl weiter ihren bewährten Einflüsterern vertrauen.

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Aus dem per ÖVP-Amtsmissbräuche offenkundig verfassungswidrig agrar-ausgeraubten Tirolvom friedlichen Widerstand, Klaus Schreiner

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