Soldaten riefen in Wien zur Neutralität auf | Von Wolfgang Effenberger

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Soldaten riefen in Wien zur Neutralität auf | Von Wolfgang Effenberger

Veröffentlicht am: 22. September 2022 | 

Ein Kommentar von Wolfgang Effenberger

Am 21.09.2022, dem Internationalen Tag des Weltfriedens, zeigten in Wien am Platz der Menschenrechte Soldaten des österreichischen Bundesheeres unterschiedlicher Ränge – Aktive, in Reserve, im Ruhestand –  die Bedeutung der Immerwährenden Neutralität für Österreich auf. Sie forderten die Beibehaltung der gesetzlich verankerten Neutralität nach dem Muster der Schweiz und warnten davor, diese politisch infrage zu stellen und eine weitere Annäherung an die NATO anzupeilen. Sie betonten u.a., dass eine Abkehr von der immerwährenden Neutralität nur auf Basis einer Volksabstimmung zu akzeptierten wäre – nämlich dann, wenn sich der Souverän des Landes (also die österreichische Bevölkerung) mehrheitlich dafür ausspricht.

Auch ein ehemaliger Bundeswehroffizier würdigte die Bedeutung eines neutralen Österreichs.

Die Form der Immerwährenden und eben auch der bewaffneten Neutralität wurde nach den verheerenden napoleonischen Kriegen 1815 auf dem Wiener Kongress als effektive Möglichkeit zur Herstellung der damals notwendigen Machtbalance akzeptiert. 

Leider hat inzwischen aber auch die Vorbildwirkung der Schweiz als klassisch-neutraler Staat im Herzen Europas etwas an Strahlkraft verloren. Auch dort sind Kräfte am Werk, welche hartnäckig den neutralen Status des Landes hinterfragen und diesen durch einen Bündnis-Beitritt ersetzen wollen.

Während die Bundesrepublik Deutschland im Frühjahr 1952 Stalins Neutralitätsangebot zugunsten einer Westintegration abgelehnt hat, implementierten die Österreicher 1955 die Immerwährende Neutralität im Verfassungsrang. Unter diesen Bedingungen zog sich die damals siegreiche Rote Armee aus Österreich zurück.

Für den österreichischen Offizier der Infanterie (Oberst i.R.) und Mitorganisator der Kundgebung, Gottfried Pausch, ist angesichts der derzeit angespannten Weltlage „Österreichs Neutralität wichtiger denn je!“ Er begründete die Notwendigkeit der Veranstaltung wie folgt:

„Mit dem EU-Beitritt Österreichs (Jänner 1995), der nachfolgenden Teilnahme an der NATO-Partnerschaft für den Frieden (seit Februar 1995) und der Mitwirkung im Euro-Atlantischen Partnerschaftsrat (seit 1997) hat unser Land die gesetzlich verankerte Verpflichtung zur Immerwährenden Neutralität „aufgeweicht“ und damit viel an Reputation als Ort der Begegnung und Vermittlung zwischen Konfliktparteien verloren. Je unverantwortlicher österreichische Politiker den Wert unserer Neutralität hinterfragen, desto wichtiger ist es, dass die Bevölkerung unseres Landes (als SOUVERÄN!) ihre Stimme erhebt und deutlich hörbar die Beibehaltung der Immerwährenden Neutralität einfordert! Diese ist wichtiger denn je und darf nicht aufgegeben werden!“

Die im österreichischen Bundesverfassungsgesetz vom 26. Oktober 1955 verankerte Immerwährende und bewaffnete Neutralität verpflichtet das Land dazu, dass die Errichtung militärischer Stützpunkte fremder Staaten auf österreichischem Gebiete nicht zugelassen werden darf. In diesem Zusammenhang äußerte der Tiroler Friedensaktivist Klaus Schreiner (Mitorganisator der Veranstaltung) auch massive Kritik an einer militärischen Anlage des österreichischen Heeresnachrichtenamtes (HNaA): Seinen Recherchen zufolge betreibt das HNaA bei Laa an der Thaya (NÖ) eine Einrichtung (die sogenannte „Königswarte“) zur militär-strategischen Aufklärung, die ab 1958 mit Hilfe der USA errichtet wurde, ständig modernisiert wird und deren Antennen auf Kommunikationssatelliten zielen, die weit im Osten am Äquator wie Perlen auf einer Kette aufgefädelt sind. Nach den Anschlägen auf das World Trade Center in New York am 11. September 2001würden die USA, die NATO und weitere Verbündete mithilfe von Drohnen außergerichtliche Tötungen durchführen, die mit keinem Gesetz der Welt vereinbar sind und gänzlich im Widerspruch zu den Menschenrechten, der UN-Charta sowie der Genfer Konvention stehen. Für Klaus Schreiner kann nicht ausgeschlossen werden, dass diese militärische Anlage Zieldaten für das US-Drohnenprogramm liefert. So fordert er: „Österreich darf sich keinesfalls an solchen Drohnenprogrammen beteiligen (auch nicht indirekt durch Bereitstellung von Zieldaten) und muss glaubhaft unter Beweis stellen, dass die Immerwährende Neutralität unseres Landes unverrückbar ist und bleibt!“

In diesem Sinn sind auch Beteiligungen österreichischer Verbände an nachfolgenden militärischen Aktionen kritisch zu hinterfragen:

1.   EU-Battlegroups (d.h. Kampfgruppen der EU-Krisenreaktionskräfte),
2.   PESCO (Permanent Structured Cooperation, ständige strukturierte Zusammenarbeit in der EU), 
3.   NATO PFP (Partnership for Peace, Partnerschaft für den Frieden)

Die Partnerschaft für den Frieden ist eine 1994 ins Leben gerufene Verbindung zur militärischen

Zusammenarbeit zwischen der NATO und zwanzig europäischen sowie asiatischen Staaten, die

keine NATO-Mitglieder sind.

Im gleichen Jahr trat das US-Langzeitstrategiepapier für die strategische Armee des 21.

Jahrhunderts (TRADOC 525-5) in Kraft. Darin wird eine neue Dynamische Ära, eine „Welt im

Übergang“ (Transition) beschrieben. Der Übergang vom 20. in das 21. Jahrhundert soll sich über

zwei Dekaden (von 1994 bis 2014) unter Anwendung der Teil-Schritte Aufruhr (Turmoil),

Krise (Crisis), Konflikt (Conflict) und schließlich Krieg vollziehen.

Dieses Drehbuch kam in den Irak-Feldzügen der USA zur Anwendung Wund prägt auch den

militärischen iderstand der Ukrainischen Verbände im Kampf gegen Russland.

Instrumente für die provozierten Umstürze sind die dynamischen Kräfte (Dynamic Forces at

Work) mit dem Ziel der geostrategischen Ausrichtung. Für diese Politik wurde das Werkzeug

“Operations Other Than War” (OOTW) geschaffen:

Mit den alternativen Operationen (oberer Kreis OOTW) kann es dann in die regionalen Konflikte

(linker Kreis) und sogar in einen großen Krieg gehen (rechter Kreis).

Und alle 3 Kreise haben eine gemeinsame Schnittmenge!

Zu den Operationen, die einem Krieg vorausgehen, zählen:

Civil Support (Zivile Unterstützung)

Disaster Relief (Katastrophenhilfe)

Peace Operations (Friedenseinsätze)

Counterinsurgency (Aufstandsbekämpfung)

Arms Control (Rüstungskontrolle)

Counterterrorism (Terrorismus-Bekämpfung)

Environmental Operations (Umweltbezogene Operationen)

Noncombatant Evacuation (Evakuierung von Nichtkombattanten)

General i.R. Mag. Günther Greindl machte die Neutralität als Baustein internationaler Sicherheit zum

Thema. Für ihn hat der Krieg in der Ukraine die geostrategische Lage Österreichs nicht verändert.

Dagegen könnte der Krieg möglicherweise die bestehende Weltordnung umformen.

In einer Neuen Weltordnung könnte dann das neutrale Österreich weiter einen wesentlichen Beitrag

zum internationalen Frieden leisten.

Damit scheint General i.R. Greindl nicht alleine da zu stehen.

Auf die Frage  „Wie wichtig ist Ihnen persönlich die österreichische

Neutralität?“ antworteten Anfang März 2020 70 Prozent der befragten Österreicher:innen mit

„sehr wichtig“ und weitere 21 Prozent mit „eher wichtig“. Das heißt, dass über 90 Prozent der

Menschen in Österreich in der Neutralität ihres Landes mehr denn je ein Identitätsmerkmal

und einen Stabilisierungsfaktor sehen.

Auch sprechen sich 2 Drittel der Befragten gegen einen Beitritt Österreichs zur NATO aus.

Nur 17 Prozent sind dafür.

Während weltweit sehr viel Geld für militärische Aufrüstung und Kriegsführung ausgegeben wird,

stehen hingegen für den globalen Abbau der Vernichtungspotenziale und für die Förderung des

Friedens im Vergleich dazu nur sehr bescheidene Mittel zur Verfügung.

Das immerwährend-neutrale Österreich soll daher die jahrzehntelange Tradition als Ort der

Begegnung und der geschickten diplomatischen Vermittlung fortsetzen und somit weiterhin einen

wertvollen Beitrag zum Weltfrieden leisten.

„Dauerhafter Frieden beruht auf wechselseitiger Achtung!“

(Dalai Lama, *1935, Friedensnobelpreisträger 1989)

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