Gekaufte Wissenschaft: Tausende Forscher publizieren in Pseudo-Journalen & Glyphosat – Gekaufte Wissenschaft & fragwürdige EU-Behörden, Vertuschung Krebsrisiko

Finanzmarkt- und Konzernmacht-Zeitalter der Plutokratie unterstützt von der Mediakratie in den Lobbykraturen der Geld-regiert-Regierungen in Europa, Innsbruck am 05.08.2018
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Glyphosat – Gekaufte Wissenschaft & fragwürdige EU-Behörden, Vertuschung Krebsrisiko

https://www.youtube.com/watch?v=gXRXkn2lM5Y

Aus dieser Quelle zur weiteren Verbreitung entnommen: https://www.sueddeutsche.de/wissen/wissenschaft-tausende-forscher-publizieren-in-pseudo-journalen-1.4061005#redirectedFromLandingpage

19. Juli 2018, 06:00 Uhr

Wissenschaft: Tausende Forscher publizieren in Pseudo-Journalen

Wissenschafts- und Forschungspolitik Wissenschaft

Mehr als 5000 deutsche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben in den vergangenen Jahren in pseudowissenschaftlichen Zeitschriften publiziert.

 (Foto: Illustration Francesco Ciccolella)

  • Raubverlage schreiben Forscher und Unternehmen an und bieten gegen Bezahlung eine Publikation in einem wissenschaftlich anmutenden Journal.
  • Die Beiträge der Forscher werden oft ohne nennenswerte Prüfung der Inhalte binnen weniger Tage veröffentlicht.
  • So sickert eine Mischung aus Wissen, Halbwahrheit und Irreführung in die Welt.
  • Deutschland nimmt in diesem zwielichtigen Geschäft offenbar eine Schlüsselrolle ein.
Von Till Krause und Katrin Langhans

 

Was in einer wissenschaftlichen Fachzeitschrift steht, wurde in der Regel von anderen Forschern geprüft, für veröffentlichungswürdig befunden und trägt das Siegel der Wissenschaft. Doch zwielichtige Verlage sind dabei, dieses Vertrauen zu zerstören – und Deutschland nimmt in diesem Geschäft offenbar eine Schlüsselrolle ein.

Die Masche der Raubverleger funktioniert so: Sie schreiben Forscher und Unternehmen auf der ganzen Welt an und empfehlen ihnen eine Publikation in einem wissenschaftlich anmutenden Journal. Dann publizieren sie – gegen Bezahlung – die Beiträge der Forscher binnen weniger Tage, oft ohne nennenswerte Prüfung der Inhalte. So erhalten auch zweifelhafte Studien ein angebliches Siegel der Wissenschaft und sind in der Welt.

Mehr als 5000 deutsche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben in den vergangenen Jahren in solchen pseudowissenschaftlichen Zeitschriften publiziert. Darunter sind Dutzende Forscher der Helmholtz-Gemeinschaft und der Fraunhofer-Institute, aber auch Wissenschaftler deutscher Hochschulen und Mitarbeiter von Bundesbehörden. Viele verschwenden damit Steuergelder, die eigentlich in Spitzenforschung fließen sollten. Das ergeben monatelange Recherchen von NDR, WDR, Süddeutscher Zeitung, dem SZ-Magazin sowie weiteren nationalen und internationalen Medien wie dem Falter und Le Monde. Weltweit haben den Recherchen zufolge 400 000 Forscherinnen und Forscher in Raubjournalen veröffentlicht. Die Zahl solcher Publikationen hat sich in den vergangenen fünf Jahren weltweit verdreifacht, in Deutschland gar verfünffacht.

Das Geschäft mit der Scheinwissenschaft ist vor allem eines mit der Scham

Auch Mitarbeiter von zwölf der 30 Dax-Unternehmen tauchen auf den Seiten der Onlineverlage mit eigenen Artikeln oder Vorträgen bei Pseudokonferenzen auf. Tabakkonzerne präsentieren dort Studien über die Gefahren des Rauchens, Pharmafirmen rühmen die Wirksamkeit ihrer Medikamente in Pseudojournalen. Zum Beispiel ist bei einem der größten Raubverleger eine Studie zu dem Mittel Aspirin plus C erschienen – verfasst von einer Bayer-Mitarbeiterin. Bayer schreibt auf Anfrage, dass man nur in wissenschaftlichen Publikationen veröffentliche, die bei Fachleuten anerkannt seien. Bei manchen Verlegern gebe es „schwarze Schafe“.

Das Geschäft mit der Scheinwissenschaft ist vor allem eines mit der Scham. Forscher, die den Schwindel später bemerken, schweigen nicht selten aus Furcht, ihre Reputation zu verlieren. Einige Wissenschaftler haben erst durch die Recherchen von NDR und SZ von dem Geschäft der Pseudoverlage erfahren.

Da ist zum Beispiel Peter Nyhuis, Leiter des Instituts für Fabrikanlagen und Logistik in Hannover und führendes Mitglied des nationalen Wissenschaftsrates. Nyhuis äußerte sein Bedauern und erklärte, man sei nicht wissentlich offenbar „einem System aufgesessen“. Er habe solche Veröffentlichungen an seinem Institut nach Bekanntwerden sofort gestoppt. Auch der Rektor der Universität Bremen hat 13 Mal in scheinwissenschaftlichen Verlagen veröffentlicht. Bernd Scholz-Reiter erklärte, er habe zum Zeitpunkt der Publikation keine Zweifel an der Seriosität der betreffenden Verlage gehabt. Die „wissenschaftliche Qualität und Integrität“ seiner Texte stünden darüber hinaus außer Frage. Auch weitere vom SZ-Magazin konfrontierte Wissenschaftler zeigten sich überrascht, darunter auch ein Nobelpreisträger.

Der Psychologie-Professor und Ombudsmann der Universität Heidelberg, Joachim Funke, nennt das Geschäft der Pseudoverlage ein „Desaster für die Wissenschaft, weil damit ungeprüfte Behauptungen in die Welt gesetzt werden und den Anschein erwecken, es sei Wissenschaft“. Die Fraunhofer-Gesellschaft begrüßte die Recherchen und erklärte, die Schaffung eines Bewusstseins für derartige unlautere Praktiken sei ein wichtiger Schritt, „um derartige Machenschaften zu stoppen“. Die Helmholtz-Gemeinschaft teilt mit, das Geschäft gefährde „nicht nur den Ruf einzelner Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler“, sondern auch „das Vertrauen in die Wissenschaft selbst.“ Betroffene Wissenschaftler im eigenen Haus seien aufgeklärt worden.

Die Recherchen zeigen, dass sich scheinwissenschaftliche Veröffentlichungen in den Katalogen von Universitätsbibliotheken sowie in Master- und Doktorarbeiten finden. Auch deutsche und internationale Behörden bis hin zur EU-Kommission haben aus solchen Studien zitiert, offenbar ohne die fragwürdigen Quellen zu erkennen. So sickert eine Mischung aus Wissenschaft, Halbwahrheit und Irreführung in die öffentliche Debatte ein.

Lesen Sie die ganze Geschichte über die neunmonatige Recherche der SZ-Magazin-Reporter in der Scheinwelt der Wissenschaft von Donnerstag um 17 Uhr an im SZ-Magazin oder online auf sz-magazin.de.

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