Dr. Daniele Ganser bei: Freier Journalismus für eine friedliche Welt: Was zählt sind Liebe und Wahrheit – Teil 1 eines langen und interessanten Gesprächs mit Dr. Daniele Ganser

Finanzmarkt- und Konzernmacht-Zeitalter der Plutokratie unterstützt von der Mediakratie in den Lobbykraturen der Geld-regiert-Regierungen in Europa, Innsbruck am 31.01.2017

Liebe® Blogleser_in,

Bewusstheit, Liebe und Friede sei mit uns allen und ein gesundes sinnerfülltes Leben wünsch ich ebenfalls.

 Aus dieser Quelle zur weiteren Verbreitung entnommen: https://mirahoward.de/2016/12/27/was-zaehlt-sind-liebe-und-wahrheit-teil-1-eines-langen-und-interessanten-gespraechs-mit-dr-daniele-ganser/

 

Was zählt sind Liebe und Wahrheit – Teil 1 eines langen und interessanten Gesprächs mit Dr. Daniele Ganser

Vor einiger Zeit bekam ich die Möglichkeit, den bekannten schweizer Historiker, Friedens- und Energie-Forscher Dr. Daniele Ganser im Büro seines Swiss Institute for Peace and Energy Research (SIPER) bei Basel zu besuchen um ein Interview mit ihm zu führen. In einer äußerst freundlichen, lustigen und von beiderseitigem Interesse geprägten Stunde sprachen wir über seine Person, seine Arbeit, illegale Kriegsführung und Fußball. Weiterlesen sei daher jedem empfohlen, der schon immer wissen wollte, warum die UNO nicht funktioniert, und was Medienkompetenz und Kriegspropaganda mit Fußball gemein haben.


Alle Teile:

Es folgt:

  • Am 08. Januar: Eine Rezension zu Dr. Daniele Gansers aktuellem Buch “Illegale Kriege: Wie die NATO-Länder die UNO sabotieren – Eine Chronik von Kuba bis Syrien”

Würden Sie mir etwas über Ihre Familie erzählen und wie Sie Ihre Freizeit verbringen?

Ich wohne in Dornach, das ist in der Nähe von Basel. Ich habe zwei Kinder, die sind sieben und zehn Jahre alt. Ich gehe gerne raus in die Natur, weil ich bin ja sozusagen ein Informationsarbeiter. Ich nehme Informationen auf, ich gebe Informationen weiter mit Vorträgen und Büchern, das heißt ich lese viel, ich bin viel auf dem Internet, ich schaue mir Dokumentationsfilme an, ich studiere Dokumente. Und da ist einfach der Ausgleich, dass man digitale Timeouts nimmt, ganz wichtig, sonst dreht man durch. Wir sind heute in einer Zeit, wo es nicht das Problem ist, dass wir zu wenig Daten haben, sondern wir alle haben zu viel. Und weil ich ja Historiker bin vergleiche ich das immer mit dem Mittelalter. Vor 600 Jahren hier in Basel konnten die meisten Leute überhaupt nicht lesen, also hatten sie keine Informationsüberflutung. Und die wenigen, die lesen konnten, die hatten dann keine Bücher, weil die ersten Bücher da in etwa gedruckt wurden. Das waren alles lateinische Bücher und das war immer die Bibel. Das ist heute eine andere Situation, wo jede Sekunde ein Mail, SMS oder die News reinkommt. Es ist heute wirklich wichtig, dass wir eine Kompetenz entwickeln, die ich eben digitale Timeouts nenne. Das mache ich am liebsten in der Natur. Wenn ich kann gehe ich mal wandern, treffe ich mich mit Freunden, wir stellen ein Zelt auf, machen ein Feuer, sprechen und Natel ist verboten.

Dann verbringen Sie so auch die Urlaube mit Ihrer Familie, gehen mit den Kindern in die Natur?

Genau, viel Natur. Die Kinder dürfen auch nicht fernschauen, das ist verboten bei uns. Natel haben sie auch nicht. Ich weiß, es kommt irgendwann. Aber sie dürfen dann in den Ferien eine DVD schauen, weil bei denen hab ich ja die Kontrolle. Und da gibt’s die Astrid Lindgren DVDs, die Fünf Freunde und TKKG. Ich gehe das mit den Kindern mit, aber ich begleite die Medienkompetenz sehr eng, weil ich will, dass sie auch für sich alleine zeichnen oder sich in der Natur mit Holz beschäftigen können.

Bilden Sie Ihre Kinder dann auch schon politisch?

Nein, nein. Ja, ja. [lacht] Ein bisschen schon. Ich hab ja ein Elektroauto. Und meinen siebenjährigen Sohn frage ich dann immer: “Wo kommt der Strom her?” Dann sagt er: “Papa, das hast du mich schon so oft gefragt! Vom Dach! Den produzieren wir selber. Darf ich einstecken?” Und ich: “Klar, darfst du einstecken. Und warum nehmen wir eigentlich kein Erdöl?” “Wegen den Erdöl-Kriegen.” Ja doch, das ist politisch. Sie sehen mich auch mal in der Zeitung oder in Fernseh-Aufzeichnung oder YouTube habe ich ihnen auch schon mal gezeigt. Sie haben kein Interesse an einem Vortrag, das verstehen sie nicht. Aber sie fragen dann schon immer wieder, warum es eigentlich Krieg gibt. Ich sage ihnen dann, es gibt Kriege, weil Menschen Konflikte haben und sie mit Gewalt lösen. Das ist das Hauptproblem. Es gibt keine Schläge in der Familie. Mein Sohn hat eine zeitlang gekickt. Das geht gar nicht! Und wenn ich dann mal müde bin, wenig gegessen habe und überlastet bin und ein bisschen laut werden, sagen sie natürlich: “Ey Papa, du musst hier jetzt nicht rumbrüllen. Du bist doch der Friedensforscher.” Das ist schon anstrengend. Klar, ich schlage nie, aber ich bin manchmal auch unkontrolliert. Nie bei Vorträgen oder im Fernsehen, aber mit den Kindern ist es am anstrengendsten, wenn ich müde bin, den ganzen Tag gearbeitet und dann noch zu wenig gegessen habe. Wenn diese drei Dinge zusammenkommen, dann liegen die Nerven ein bisschen blank und wenn dann auch irgendetwas nicht läuft, wenn sie nicht tun, was sie sollen, dann werde ich laut. Und dann sagen sie: “Friedensforscher!” [lacht] Das ist das Achtsamkeitstraining. Auch wenn ich in Debatten bin und gestritten oder rumgeschrien wird. Das geht gar nicht! Man muss ruhig bleiben und die andere Meinung respektieren.

Wie lange arbeiten Sie im Schnitt?

Ich zähl’s wirklich nicht. Ich arbeite mit so viel Interesse. Gestern hab ich um 8 Uhr angefangen, dann hab ich gearbeitet bis 12, dann bis 1 Uhr Mittagspause und noch einmal durchgearbeitet bis 5. Um 5 bin ich losgefahren zu einem Vortrag. Dann war ich um 10 zuhause. Aber es ist nicht immer so. Es gibt auch Wochen, da mache ich gar nichts, sondern bin in der Natur. Also wenn ich arbeite, arbeite ich viel, weil halt auch immer viel passiert. Es ist fast nicht möglich, dass ich sage, dass ich Syrien nichts weiß. Sondern ich muss dann wissen, was da passiert, was die Türkei, die Amerikaner, die Deutschen und die Russen machen. Und das verändert sich auch immer wieder. Das ist eigentlich das anstrengende an der Zeitgeschichte. Ich hab Kollegen, die haben sich auf römische Geschichte spezialisiert. Sagen wir, die decken den Zeitraum 200 v. Chr. bis 200 n. Chr. ab. Und das sind halt die… Die Dokumente sind fix. Es kommen nicht immer neue Quellen hinzu. Irgendwann, alle 10 Jahre, gibt es eine neue Entdeckung. Aber der Datensatz ist relativ klar. Dafür ist es weniger aktuell. [lacht] Ich habe mich auf die Zeitgeschichte seit 1945 spezialisiert. Das sind die letzten 70 Jahre. Viel Stoff und vor allem anstrengend, weil es mit der Informationsrevolution, also diesem “Information Overkill” zusammenkommt. Es ist ein anspruchsvolles, aber auch ein super spannendes Forschungsfeld. Darum, ich bin zufrieden, aber es ist viel Arbeit.

Gehen Sie wählen oder zu Volksabstimmungen?

Ja, ich gehe schon wählen. Also, zum Beispiel in der Schweiz hatten wir ja eine Abstimmung, ob wir die Waffenexporte abschaffen sollen, da hab ich gesagt, die soll man abschaffen. Da war ich unterlegen. Da war halt die Idee, dass dann die Arbeitsplätze fehlen. Und sonst wähle ich oft für die Energiewende. Ich bin ein Freund von 100% erneuerbarer Energie. Atomausstieg stimme ich dann immer wieder dafür. Wir haben ja Sachabstimmungen in der Schweiz. Ja, ich gehen an die Urne. Ich wähle Parteien. Ich wähle immer wieder verschiedene Parteien. Das ist wie bei Fußball. Da hab ich keine fixe Partei, die ich immer wieder wähle, sondern da wähle ich mal die, mal die, bin mal von der enttäuscht, mal von der. In der Schweiz haben wir ein Spektrum von SVP, das ist ganz rechts, bis grüne Partei, das ist ganz links. Und ich hab Positionen bei beiden. Also zum Beispiel, die SVP sagt, wir sollen keine Truppen ins Ausland schicken, wir sollen strikt neutral sein. Da bin ich SVP-positioniert. Das ist genau meine Meinung. Und die sagen auch, der NATO und der Europäischen Union sollen wir auf keinen Fall beitreten. Das ist genau meine Position: Sollten wir nicht, weil in diesen großen Machtstrukturen wird es immer korrupter. Und die linken Gruppen wie die Grünen meinen, wir sollten 100% erneuerbare Energien haben, wir sollten Atomkraftwerke abschalten, wir sollten mehr Photovoltaik haben. Das ist auch meine Position. Und, ja, die zwei Parteien verstehen sich überhaupt nicht. Die sind sich spinnefeind. In ein Links-Rechts-Schema kann man mich nicht einordnen. Das geht nicht. Und dann haben die gesagt, ich bin Querfront. [lacht] Das war auch wieder so ein Kampfbegriff. Aber die beißen sich völlig die Zähne aus, weil sie versuchen, immer ein neues Dogma aufzustellen. Sie verstehen nicht, dass ich ohne Dogma argumentiere. Ich argumentiere mit Wertsätzen. Ich sage, ja, ich bin für erneuerbare Energien – erster Wertsatz. Zweiter Wertsatz: Ich bin dafür, dass Konflikte ohne Gewalt gelöst werden. Ende. Das sind meine zwei Grund-Wertpunkte. Und an denen versuchen sie verschiedenes. Das hat mich nicht destabilisiert. Ich hab dann gesehen, da wird einfach Schlamm geworfen. Das ist ja für mich wieder ein Moment, wo ich trainieren kann, dass ich mich ausbalancieren kann in Lob und Tadel. Und weil ich das immer besser kann werde ich immer weiter zum gelassenen Friedensforscher. Ein Dalai Lama wird von den Chinesen extrem angegriffen, aber der schreit sie nie an. Der bleibt völlig gelassen. Und das, denke ich, wäre auch das, was ich der nächsten Generation weitergeben möchte, die dann fragen: Ja, was ist es denn? Und da möchte ich sagen: Es ist eine große Übung, die geht bis zum Tod. Die hört vorher gar nicht auf. Und du kannst dann auch so selber Übungselemente einbauen. Ich habe zum Beispiel ein Jahr kalt geduscht, auch Haare kalt gewaschen, weil das den Schockreflex auslöst. Und die psychologische Kriegsführung löst Schocks aus. Also tote Kinder, explodierende Türme, da hast du immer Schock. Und wenn man auf Schock behaviouristisch reagiert, das heißt, so konditioniert, dass man sofort zu Gewalt greift, dann ist das schwierig. Aber wenn man Schock bei sich beobachtet und sozusagen wie ein Adler über den eigenen Gefühlen und Gedanken fliegt, dann ist das wie Achtsamkeit oder Meditation. Man ist oben dran. Man ist nicht drin. Und wenn man dann in die kalte Dusche reinläuft, macht das Denken einen Riesen-Lärm. “Bäh, ungesund, Scheiß-Idee! Was ist das? Friedensforscher! Das brauchst du nicht! Hör doch auf! Deine Friedensforschung ist super! Das braucht es wirklich nicht! Du willst einen Herzinfarkt? Das ist doch ungesund! Bekommst einen Hautausschlag!” Der Kopf findet 100.000 Gründe, warum es jetzt nicht der richtige Moment ist. Und dann muss der Wille von oben einfach rein steuern, dann geht man einfach rein. Klar, es zittert vielleicht im schlimmsten Fall. Aber es passiert gar nichts! Die Haare fallen nicht ab. Man ist eher vitalisiert. Und das habe ich sehr genau beobachtet. Das habe ich jetzt aber wieder aufgehört. Und was ich jetzt mache ist, wenn mir etwas runterfällt, ein Glas zum Beispiel, dass ich das dann nicht kommentiere. Weil es passiert so schnell, oder?

Da kommt dann so ein schnelles “Scheiße”!

Genau, das ist das erste Wort, wo dann immer kommt. Also hab ich so eine Erdbeertorte gehabt, es war elf Uhr nachts. Ich wusste, jetzt schau ich noch ein wenig Olympia, Volleyball. Da hab mich richtig gefreut. Kinder schlafen, Frau schläft. Das war so mein Moment. Ich geh rüber und dann rutscht mir diese Erdbeertorte so quer runter und geht dann angespitzt in den Boden. Erdbeertorte ist ja nur Blätterteig, Vanille und dann Erdbeer. Da sind also keine Stahlträger drin. Das ist so weich. Das gibt den vollen Fladen, oder? Und ich bin ja schon in der Übung drin. Ich hab mir gesagt, ich kommentiere es nicht mehr. Aber es geht so schnell, das sind Bruchteile von Sekunden. Es gibt ja ganz viele Möglichkeiten zum Üben, auch im Verkehr, wenn einer einem den Rechtsvortritt nimmt, oder so. Und wenn man das intensiv übt, wird man, wenn man in einem Streitgespräch ist – was ich ja viel bin, man ist am Fernsehen oder die Kamera hält voll drauf – dann ist man schon trainiert. Kann ich allen nur empfehlen. Und auch in Beziehungskonflikten. Man ist wirklich trainiert. Man ist viel achtsamer. Man reagiert nicht einfach: “Selber Arschloch!” Man atmet durch, wenn man keine konstruktive Bemerkung hat schweigt man mal und dann ist man schon in einem anderen Zustand. Und diese sofort Zurückschießen, das ist noch wenig achtsam. Und das wäre halt die Idee der Friedensforschung, dass sie den Leuten hilft, achtsamer zu sein, wenn sie völlig unbewusst Kriegspropaganda aufnehmen, nie in den Wald gehen, im Job völlig ausgepowert sind, schlechte Nahrung zu sich nehmen. Dann ist es normal, dass sie durchdrehen. Das wünscht man ja niemandem. Und da sind jetzt aber immer mehr Leute auch interessiert. Wir haben in der Schweiz ja nicht das Hauptproblem, dass wir bombardiert werden, sondern dass wir uns umbringen. Rund drei Suizide pro Tag. Und das ist das Hauptproblem und da ist eigentlich Achtsamkeit die einzige Lösung. Das ist das Problem der Depression, der Niedergeschlagenheit und da ist Achtsamkeit ganz, ganz wichtig.

Ganz kurz: Was sind für Sie die wirklich wichtigen Dinge im Leben?

Die Liebe und die Wahrheit.


Das Auswahlverfahren ist schlecht! – Teil 2: Dr. Daniele Ganser im Interview über die US-Präsidentschaftswahlen

Vor einiger Zeit bekam ich die Möglichkeit, den bekannten schweizer Historiker, Friedens- und Energie-Forscher Dr. Daniele Ganser im Büro seines Swiss Institute for Peace and Energy Research (SIPER) bei Basel zu besuchen um ein Interview mit ihm zu führen. In einer äußerst freundlichen, lustigen und von beiderseitigem Interesse geprägten Stunde sprachen wir über seine Person, seine Arbeit, illegale Kriegsführung und Fußball. Weiterlesen sei daher jedem empfohlen, der schon immer wissen wollte, warum die UNO nicht funktioniert, und was Medienkompetenz und Kriegspropaganda mit Fußball gemein haben.


Alle Teile:


Anmerkung: Dieses Interview wurde bereits vor den abschließenden Wahlen geführt.


Sind Sie der Meinung, dass einer der beiden US-Präsidentschaftskandidaten, die ja als die unbeliebtesten Kandidaten aller Zeiten gelten, weniger schlimm ist als der andere?

Nein. Also Trump ist ein extremer Narzisst und ein Lügner. Dann ist er noch ungebildet, sagt Belgien ist eine schöne Stadt. Da muss ich einfach sagen, wenn das die besten sind, die zur Auswahl sind, dann ist das Auswahlverfahren schlecht. Und Hillary Clinton ist gefährlich. Die hat Libyen angegriffen, das ist ein Kriegsverbrechen. Die Leute sagen immer: “Ja, aber Gaddafi war böse.” Nein! Es ist gibt keine Rechtsdefinition vom bösen Herrscher, die dann erlaubt, man darf reingehen. Und Hillary Clinton hat auch gesagt, sie will den Iran angreifen. Sie hat gesagt, sie will Assad stürzen. Die Frau ist völlig gefährlich! Und eigentlich, was so unter dem Strich bleibt, ist: Beide dienen dem militärisch-industriellen Komplex. Und der militärisch-industrielle Komplex will alles immer mit Gewalt lösen, weil dann verdient er etwas. Es gibt einen amerikanischen Journalisten, William Blum, der gesagt hat: “Wenn ich Präsident würde, dann würde ich mich am ersten Tag bei allen Ländern entschuldigen, die wir bombardiert haben – das sind viele, das sind über 50. Am zweiten Tag würde ich Reparationszahlungen leisten und die Militärstützpunkte im Ausland schließen. Und am dritten Tag würde ich erschossen.” Und das ist natürlich die Problematik, dass wir jetzt zwei Präsidenten in der Auswahl haben, wo viele vor allem in der Friedensbewegung sagen, das kann nur schlimm kommen. Und was ist dann der Vorteil? ich sage, der Vorteil ist, wenn es noch deutlicher wird. Aber das ist wieder mit sehr viel Leid verbunden. Angenommen Clinton wird Präsidentin und greift den Iran an. Das wäre ein Negativ-Horror-Szenario. Aber wenn es dazu kommt… Da sind wir wieder am gleichen Punkt. Da sehen wir wieder, mit mehr Gewalt können wir die Probleme nicht lösen. eine aggressive Außenpolitik, die sich nicht an das Völkerrecht hält, die die UNO-Charta missachtet, lässt die ganze Welt in Flammen aufgehen. Und ich sag mal, der Teufelskreis, in dem sind wir schon drin. Aber der Teufelskreis wird dann noch deutlicher brennen. Dann werden noch mehr Leute denken: Wollen wir das? Auch in den USA.

Wäre es unter Sanders besser gewesen?

Ja, ich glaube schon. Man hat gehört, dass er gewisse Positionen der Friedensbewegung übernommen hat. Bei Obama haben viele gedacht, er würde dann Guantanamo schließen. Und ob Sanders Militärstützpunkte wie Ramstein in Deutschland geschlossen hätte, halte ich für äußerst unwahrscheinlich.

Außenpolitisch hat er sich ja ziemlich zurückgehalten mit seinen Äußerungen. Da hat man wenig von ihm gehört.

Ja, aber man hatte die Hoffnung dann ergänzt. Das war der Punkt, oder, dass man gesagt hat, von all denen, die da rumstehen als Kandidaten, wäre doch der Sanders noch der beste. Oder es gibt noch eine von der grünen Partei, Jill Stein. Es gibt ja schon immer wieder interessante Politiker. McKinney zum Beispiel war ein interessanter Politiker in den USA. Die treten eigentlich im Bereich Repräsentantenhaus eher auf, im Senat weniger. Und ich finde in Deutschland eine Sahra Wagenknecht sehr intelligent, was sie sagt, wie sie mutig argumentiert. Man sagt dann: “Ja, ja, sie soll mal endlich die Fresse halten, weil sonst können sie ja gleich ins Gulag von Stalin gehen.” Das ist einfach undifferenzierte Kritik. Sie hat nie für den Stalinismus geworben. Aber sie ist eine, die wirklich versteht, dass man in der Gewaltspirale steckt, und dass diese NATO-Kriege, die auch Merkel jetzt führt, amoralisch und illegal sind und sie sagt’s. Sonst sehe ich nicht so viele, aber die ist mir aufgefallen. Und der Ströbele von den Grünen. Der ist unabhängig. Viele Leute haben gedacht, die Grünen sind eine Friedenspartei und Joschka Fischer hat Serbien bombardiert, er ist ein Kriegsverbrecher. Die Leute können sich das einfach leisten, Länder zu bombardieren, vor allem auch Bush und Blair, und sie werden nicht festgenommen. Für die meisten Beobachter ist es das, was sie am meisten ärgert, dass die einfach frei rumlaufen.


Dr. Daniele Ganser ist Historiker, Friedens- und Energieforscher. Er ist Gründer des Swiss Institute for Peace and Energy Research (SIPER) und hat bereits mehrere Bücher veröffentlich. Sein aktuelles Buch „Illegale Kriege“ erschien im Oktober 2016 im Orell Füssli-Verlag, der auch bereits seine Werke „Europa im Erdölrausch“ und „NATO-Geheimarmeen in Europa“ veröffentlichte. Alle drei Bücher kann ich ausnahmslos empfehlen.

 

Ein Pass in die Tiefe und rechts vorbei – Teil 3: Dr. Daniele Ganser erklärt Kriegspropaganda und Medienkompetenz durch Fußball

Vor einiger Zeit bekam ich die Möglichkeit, den bekannten schweizer Historiker, Friedens- und Energie-Forscher Dr. Daniele Ganser im Büro seines Swiss Institute for Peace and Energy Research (SIPER) bei Basel zu besuchen um ein Interview mit ihm zu führen. In einer äußerst freundlichen, lustigen und von beiderseitigem Interesse geprägten Stunde sprachen wir über seine Person, seine Arbeit, illegale Kriegsführung und Fußball. Weiterlesen sei daher jedem empfohlen, der schon immer wissen wollte, warum die UNO nicht funktioniert, und was Medienkompetenz und Kriegspropaganda mit Fußball gemein haben.


Alle Teile:


Sie erwähnen ja immer wieder, dass sie gerne Fußball schauen, die Champions League zum Beispiel. Haben Sie da einen Lieblingsverein?

Ich schaue natürlich die Schweizer, aber die fallen dann immer wieder raus. Dann bin ich ein bisschen opportunistisch, muss ich sagen. Ich habe keinen Schal über dem Bett aufgehängt oder gehe durch dick und dünn mit einem Club. Es gibt ja echte Fans, die bleiben 20 Jahre ihrem Verein treu, ob die gewinnen oder verlieren, das ist einfach eine enge Beziehung. Das bin ich nicht, sondern ich entscheide mich dann vor dem Spiel: Bin ich jetzt für Bayern oder bin ich für Barcelona? Ich muss schon für eine Gruppe sein, sonst kann ich mich nicht richtig freuen. Ich schaue immer wieder gern Bayern, aber wenn jetzt Paris St. Germain sehr gut spielt kann ich mich auch dafür begeistern. Ich bin da ein bisschen wankelmütig. Als Schweizer muss man das sein, weil für die Schweizer ist’s ja bei der Fußballweltmeisterschaft und bei der Europameisterschaft nach einer Woche vorbei, oder? Wir fahren immer nach Hause und dann muss man immer eine neue Mannschaft finden, mit der man sich identifizieren kann.

Wer war es bei der letzten EM?

Ich habe da so ein bisschen hin- und hergewankelt. Ich habe mich vor allem an der WM so gefreut, als Deutschland gegen Brasilien so hoch gewonnen haben. Da war ich dann bei der EM nochmal für Deutschland. Das war eines der besten Spiele für mich, das bleibt in Erinnerung. Sonst vergesse ich das auch immer wieder. Ich bin da nicht einer, der sich an die Fußballresultate von 1986 erinnert. Das finde ich völlig belanglos, weil für mich Fußball Unterhaltung ist. Ich freue mich, wenn etwas gelingt, und ich ärgere mich, wenn meine Mannschaft scheitert. Ich gehe da emotional richtig rein. Es ist eine gute Art zum auschillen.

Es gibt im Fußball ja immer wieder Anfeindungen. Da gibt es die gewaltsamen Auseinandersetzungen und es gibt die Schmähgesänge, die von lustig bis makaber reichen können. Ein Beispiel wäre der Fangesang von Manchester United, die gegen Liverpool in Bezug auf die Hillsborough-Tragödie, bei der 96 Liverpool-Fans ums Leben kamen, sangen: “96 and not enough”. Wie ist Ihre Meinung zu so etwas in einem eigentlich so banalen Zusammenhang?

Das ist krass. Also, ich bin ja in der Friedensforschung sehr aktiv. Und da sagt man, bevor man überhaupt töten kann muss man teilen. Zum Beispiel im Mittelalter in Männer und Frauen und wenn die Frauen zu klug waren wurden sie als Hexen diffamiert und dann wurden sie verbrannt. Also zuerst teilen, dann abwerten und töten. Das ist immer dieser Dreiklang. Im Dritten Reich die Arier gegen die Juden, Juden abwerten als Tiere und dann Auschwitz. Die RAF haben die Polizisten abgewertet als Vertreter des Staates, der Staat ist korrupt, Polizisten sind Schweine. Und danach kann man auch einen Polizisten töten. Oder auch Pol Pot in Kambodscha, der Genozid von ’75 bis ’79. Der hat gesagt, alle die eine Brille oder einen Uniabschluss haben, das ist die Oberschicht, die beuten die Leute aus, also der radikale, kommunistische Ansatz. Dann kann man sie töten. Hutus und Tutsis haben sich auch abgewertet als Kakerlaken. Das kam wirklich am Radio. Man muss zuerst teilen. Wenn man nicht weiß, wer Hutu und wer Tutsi ist geht’s nicht. Wenn ich nicht weiß, wer Frau und wer Mann ist, wer Jude oder Arier ist oder wer Brillenträger ist geht’s auch nicht. Das heißt, die Teil-Funktion ist der Weg in den Tod. Und die Friedensforschung betont immer die Einheitsfunktion: Wir sind alle Menschen und das Leben ist heilig. Jetzt, zurück zu Ihrer Frage. Das Interessante beim Fußball ist, dass man die Teil-Funktion nimmt, ohne sie geht’s nicht. Wenn die im dem Spiel die T-Shirts wechseln würden und dann gemischte Mannschaften wären… Das dürfte man nicht machen mit den Fans, die würden durchdrehen, denn die Identität ist mit der Gruppe verwurzelt. So wie jetzt zum Beispiel Frankreich glaubt, sie sind im Krieg gegen den Terror, Terroristen sind böse, sie sind die Kulturgruppe. Das ist genau gleich. Nur dass im Fußball dann die Regel gilt, es darf kein Blut fließen. Da wird ja immer aufgezeichnet. Und das, was ich eigentlich sehe ist, dass das in der internationalen Politik nicht aufgezeichnet wird. Das ist der Unterschied. Wenn man herausfinden möchte, wie der Syrien-Krieg im März 2011 angefangen hat ist das sehr kompliziert. Wenn ich sehe, dass die Fußballwelt in die Gewalt reinschwappt, dass die Fans sich gegenseitig töten, oder wenn Autos, Züge und so abbrennen, dann verurteile ich das natürlich. Aber ich finde es auch spannend, weil man hier eigentlich sieht, was im Vorstadium des Krieges passiert. Das ist genau das gleiche. Wenn der andere lange genug abgewertet wird, dann ist das Töten gar nichts so spezielles. Die Leute waren völlig überrascht, wie die sich mit den Macheten umgebracht haben, oder jetzt, dass man im Irak seit der Invasion 2003 eine Millionen Menschen umbringt. Aber die Abwertung läuft eben so, dass man nach 9/11 sagt, alle Muslime sind Terroristen und darum kann man sie umbringen. Diese Abwertung passiert nur im Kopf und darauf müssen wir aufpassen. Da möchte die Friedensforschung eben hingehen und erklären, wie sie funktioniert. Und ich denke, jeder der Fußball schaut kann das auch selber beobachten. Ich hatte einen Vortrag in Madrid. Danach habe ich mir noch ein Champions League-Spiel angeschaut und hab dann bei Atletico gestanden. Das Spiel war ein 0:0. Ich hab mich geärgert, ich hab nicht gern ein 0:0. Aber als wir rausgingen war genau was Sie gesagt haben: Es gab diese Schmährufe. Es sind keine Flaschen gefallen, aber man hat schon gespürt, da fehlt nicht mehr viel, dass dann jemand eine Flasche wirft, eine Flasche kann zersplittern und der Weg in die Gewalt ist nicht so weit. Und dann sieht man auch, dass die Männer – es sind ja meistens Männer – in der Gruppe viel gefährlicher sind als alleine. Ich sag mal so: Einer alleine hätte in Kambodscha den Genozid nicht machen können. Er kann nie so gewalttätig sein. Oder ein amerikanischer Soldat ganz allein in Abu Ghraib, in diesem Foltergefängnis, kann das auch nicht alleine machen. Aber sobald eine Gruppendynamik entsteht, gibt es leider oft sehr große Verbrechen. Und die Gruppendynamik haben wir heute im sogenannten Krieg gegen den Terrorismus, dass ganz viele Leute glauben, das ist eine gute Idee, man muss die Terroristen bekämpfen. Und das sehe ich gar nicht so. Das sind genau diese Muster, wo wir immer gesagt haben, das darf nicht wieder vorkommen. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht 1,5 Milliarden Muslime kollektiv als Terroristen diffamieren. Es gibt sicher militante Muslime, es gibt auch militante Christen, Juden, Hindus und Atheisten. Das Problem ist nicht die Religion, das Problem ist die militante Gruppe. Und militante Fußballfans gibt es eben auch.

Könnte das Volk die Politik überhaupt verstehen, wenn es wollte?

Wenn es wollte, ja. Aber es wird aktiv verwirrt mit Fußball, mit Bier und mit ZDF, ARD, ProSieben, RTL, wo es immer heißt, wir bekämpfen den Terror. Da muss man sich an Goebbels erinnern. Goebbels hat genau gesagt, wie’s läuft. Der hat gesagt: “Es kommt nicht darauf an, ob es wahr ist, oder nicht. Man muss es einfach auf allen Kanälen immer wiederholen.” That’s the game. Und an das müssen wir uns erinnern. Wenn man das tut, wenn man sich erinnert, dann kann man sozusagen diesen Information Warfare – das heißt ja Full Spectrum Dominance – unterlaufen, wenn man sagt, ich stell das ab, ich schaue nur noch Champions League. Also das muss man auch nicht schauen. Das ist Informationskrieg, das muss man verstehen. Wenn man Krieg sieht und das als Stratege beobachtet, dann gibt es eine Hauptfront. Man kann da natürlich reinlaufen und sagen: “Ich will jetzt Spiegel und ZDF.” Dumme Idee. Man sollte die Hauptfront ausflanken. Man muss nicht dort gehen, wo die Mauer steht. Man spielt einen Pass in die Tiefe und kommt dann von der Seite. Nicht mit dem Kopf durch die Wand, das ist das ganze Ding. Man macht ein Dribbling, geht rechts vorbei. Wenn man voll in den anderen reinläuft bringt’s gar nichts. Und das bedeutet übersetzt auf die Informationskriegsführung, dass heute jeder 500 Schlupflöcher angeboten bekommt, aber er muss sie selber suchen. Das kommt nicht, wenn man den Fernseher anstellt oder wenn man die Zeitung am Kiosk kauft. Sondern man muss von einem Freund hören: “Hey, lies mal NachDenkSeiten, lies das mal einen Monat lang.” Oder: “Schau mal einen Monat Russia Today.”. Oder: “Schau einen Monat Ken Jebsen.” Oder Free21, oder was es auch immer ist. Oder Global Research. Ich weiß nicht, was Sie konsumieren, aber das Wesentliche ist, das sind alles Guerilla-Kanäle, da kann man unten durch. Es ist nicht so, dass die jetzt die Wahrheit haben, aber es ist eine andere Perspektive. Aber wenn man diese andere Perspektive hat, dann kommt man zurück auf dieses Nietzsche-Zitat, das absolut der Hammer ist: “Alles Sehen ist perspektivisches Sehen.” Und wenn man das Zitat verstanden hat, dann ist man gefeit gegen Dogma. Weil Dogma sagt immer: “Meine Perspektive ist die einzig richtige. Die, die das noch nicht so sehen, sind entweder zu blöd, oder sie haben mir noch nicht zugehört und wenn’s so weiter geht muss man die umbringen.” Das ist in der Geschichte immer so. Dogma hier, Dogma dort. Protestanten gegen die Katholiken. Und das ist eben dieses Gruppenbilden und das läuft immer über Dogma. Abwerten – so wie die Katholiken sagen, die Protestanten haben es nicht richtig begriffen – und dann töten. Und zwar hier in der Schweiz und in Deutschland und das nicht zu knapp. Und darum sage ich, das interessante heute ist, dass wir eigentlich die Medienrevolution haben und diese ganzen monopolistischen Informationsstrukturen völlig unterlaufen können. Darum sagen Sie richtig: Wer will kann informiert sein. Es ist also nicht dieses Jammern wegen den Medien, das ist völlig idiotisch. Sondern es ist ein großes Angebot gegeben. Aber es ist natürlich anstrengend. Und ich denke, am Schluss hat jeder die Medien, die er verdient.

Das ist unterschwellig aber schön böse dem anderen gegenüber. Da man von seinen Medien ja selbst wenig hält, sagt man durch die Blume, dass man auch von ihm wenig hält.

Genau. Aber das ist wieder Volker Pispers. Er hat ein kohärentes Weltbild. Das ist viel angenehmer. Ich hab viele Leute, die sagen: “Herr Ganser, ihre Analysen finde ich super spannend, aber ich finde es super destabilisierend. Ich möchte wieder zurück ins alte Weltbild.” Dann sage ich: “Das Problem ist, da kommen Sie nie wieder ganz zurück. Sie werden sich immer erinnern, dass eigentlich das hier ein bisschen wie die Truman Show ist.” Alles ist durcheinander! Und danach, das ist eigentlich der Moment, wo sich das Dogma auflöst. Das Dogma sagt, die NATO kämpft für die Demokratie, Europa würde nie moralisch verwerfliche Kriege führen, um sich zu bereichern, das macht man seit 1945 nicht mehr. Von ’39 bis ’45 haben wir das gemacht, das war aber das Dritte Reich, ja. Jetzt machen wir’s nicht mehr. Das ist eine völlig bescheuerte Geschichtserzählung! Die NATO-Länder haben in den letzten 70 Jahren so viele Kriege geführt, das ist unglaublich! Und da sind die Fakten so deutlich, dass man, wenn man das mal zur Kenntnis nimmt, merkt, dass die moralische Hoheit eigentlich weg ist. Wie wird’s denn überhaupt noch verkauft? Und dann kommt man auf das Gebiet Kriegslügen. Also, Babies aus Brutkästen gerissen in Kuwait oder Kriegsschiff angegriffen in Vietnam, Golf of Tonkin. Voll erfunden! Das geht ziemlich tief. Also das war für mich eine persönliche Enttäuschung. Ich habe gedacht, warum wird mir das in der Uni Basel nicht erklärt? Ich hab Abitur gemacht, ich hab schon acht Semester Geschichte studiert. Und dann plötzlich bildet man sich weiter und ich denke, am Schluss kommt man in einen Zustand, wo man merkt, die Feindbilder von früher, das waren alles nur Blasen. Das ist jetzt weg. Jetzt bin ich ohne diese Feindbilder. Da muss man sich fragen, an was man sich dann noch halten kann. Und dann ist für mich eigentlich schon die Friedensbewegung das einzige, woran man sich halten kann. Das sind wirklich Leute, die immer wieder gesagt haben: “Kommt, wir töten uns nicht.” Und sie haben nie gesagt, alle müssen die gleiche Meinung haben. Es war nie so, dass ein Nelson Mandela gesagt hat, alle müssten seine Meinung haben. Sondern er war lange auf Robben Island im Gefängnis und als er rausgekommen ist hätte er ja sagen können, und er hatte viele Anhänger: “Let’s kill everybody who’s white. Let’s kill them fucking bastards!” Hat er nicht gemacht. Der war so lange im Gefängnis, der hatte sicher auch eine Wolle, aber das hat er nicht gemacht. Und er hat eigentlich gesagt, wir machen eine “Truth and Reconciliation”. Also, wir versuchen, die Wahrheit zu finden, und wir machen Versöhnung. Und das ist das einzige, was wirklich rausführt. Ich sage nicht, die Gewalt ist überwunden in Südafrika, aber es hätte viel schlimmer kommen können, wenn eben nicht ein Nelson Mandela an der Macht gewesen wäre. Und viele Leute haben eben Obama mit Nelson Mandela verwechselt, weil er auch schwarz ist, aber das ist natürlich ein völliger Irrtum.

Über Obama könnte man aber genauso sagen, er ist halb-weiß. Immerhin ist er genauso weiß, wie er schwarz ist. Der Afrikaner sieht ihn als Weißen, nur wir Weiße sehen ihn als Schwarzen. Da sind wir wieder beim perspektivischen Sehen.

Das stimmt, oder? Für uns ist er ein Schwarzer, für die richtigen Afrikaner ist er ein halb-Weißer. Guter Punkt! Sehr guter Punkt! Das ist perfekt! Da ist viel drin! Wenn man das perspektivische Sehen hat löst man sich vom Dogma. Und das ist zentral. Man kann ganz gut ohne Dogma leben.

Noch einmal zu einem anderen Thema der Unterhaltungsindustrie: Sie zitieren ja auch gerne Volker Pispers. Schauen Sie sonst auch Kabarett?

Den mag ich sehr, ja. Ja, ich schaue mir immer wieder Political Comedy an, weil das sind einfach die Mutigsten. Ich schaue mir auch “Die Anstalt” an auf ZDF. Tagesschau schaue ich mir nur manchmal an, wenn es zwischen dem Spiel, in der Pause kommt und dann denke ich: “Meine Güte, das ist wirklich unglaublich.” Ich finde es auch völlig einen Schock, dass in einem Spiel dann zwischendrin ein paar Terroranschläge kommen und dann geht’s wieder weiter mit dem Spiel. Diesen Mix mag ich nicht. Dann schaue ich’s mir lieber auf einem schweizer Sender an, da kommentieren sie in der Pause nur das Spiel, da bleibt man sozusagen in dieser spielerischen Welt. Volker Pispers finde ich halt ausgezeichnet, weil er erstens Dinge verstanden hat. Die Analyse ist sehr gut. Und zweitens, weil er wirklich sprachgewandt ist wie selten. Wenn er eben sagt, “Wenn der Feind bekannt ist hat der Tag Struktur.”, dann legt er in so kurzen Worten etwas dar, was ich sonst eigentlich seitenweise in wissenschaftlichen Studien sehe. Da kommt aber nicht mehr viel mehr raus. Es sind einfach 10 Seiten mit der gleichen Aussage, dass der Mensch gerne ein Feindbild hat, weil es identitätsstiftend ist. Um nochmal zum Fußball zu kommen: Wenn ich nicht weiß, wer der Gegner ist, kann ich mich nicht so richtig freuen an einem Tor. Ich beobachte das bei mir selber auch. Das ist ja nur ein lockeres, entspanntes Feindbild, aber es ist ein Feindbild. Wenn der Feind ein Foul macht ist es viel schlimmer, als wenn man selber ein Foul macht. Das wirkt sofort. Das verdreht die ganze Analyse. Und in der Politik ist es so, wenn der Russe sich die Krim holt, dann schreit der Spiegel auf und sagt: Der Russe hat sich die Krim gekrallt!  Das geht ja gar nicht, das ist eine Annexion! Wenn aber die Amerikaner sich zuvor Kiew holen und einen Putsch in der Ukraine machen spielt das keine Rolle. Und das ist das, was Volker Pispers erstens verstanden hat, zweitens hat er die Sprachkompetenz, das zu kommunizieren und drittens ist er mutig. Es braucht ja immer drei Dinge. Es gibt Leute, die verstehen es nicht, die können da nicht mitdiskutieren. Es gibt Leute, die verstehen es sehr gut, aber sie haben die Kommunikationskraft nicht. Und dann gibt’s Leute, die verstehen es sehr wohl, sie haben die Kommunikationskraft, aber sie sind nicht mutig. Das heißt, sie sagen, ihre Karriere befördert das nicht und darum werden sie das besser nicht sagen. Und das sind sehr viele. Darum schaue ich gerne Volker Pispers, ich schaue auch gerne “Die Anstalt”, die sind auch super. Die haben auch alle drei Kompetenzen. Und die bekommen natürlich alle Probleme. Das ist normal und ich denke, viele Leute schätzen das auch. Ich mache jetzt keine große Marktforschung, aber ich habe gesehen, dass in Deutschland viele begriffen haben, was der US-amerikanische Geostratege George Friedman gesagt hat: Die USA sind das Imperium, aber westlich und östlich haben wir zwei große Weltmeere, also den Atlantik und den Pazifik, wir sind ein bisschen weit weg vom Schuss. Das heißt, wir müssen schauen, dass diese große Gebiet Eurasien nicht mächtiger wird. Das ist natürlich die größere Landmasse, hier ist mehr Öl und Gas, hier ist sehr viel industrielles Know-how. Wenn man von weit her die Welt betrachtet würde man auch sagen es gibt eine gute Chance, dass Eurasien mächtiger wird. Und dann hat er gesagt, darum muss es das Ziel des amerikanischen Imperiums sein, im 21. Jahrhundert weiterhin ein Imperium zu bleiben und dafür muss man eben Deutschland und Russland gegeneinander hetzen. Weil, wenn sie sich gegenseitig töten, verlieren beide und werden so geschwächt. Und ich finde, immer mehr Menschen in Deutschland haben begriffen, dass dieser Ukraine-Konflikt ja eigentlich so etwas ist wie ein Versuch, die Deutschen und die Russen gegenseitig wie die Ratten in den Abgrund zu führen wie der Rattenfänger von Hameln. Die Wirtschaftsverbände in Deutschland sagen, das ist doch nicht in ihrem Interesse, dass sie keinen Handel mehr mit Russland treiben dürfen. Wie ist es denn dazu gekommen? Ich habe natürlich viele Freunde, die lesen den Spiegel. Ich bin jetzt 44 und als ich 24 war sind wir noch an der Universität mit der NZZ oder dem Spiegel unter dem Arm rumgelaufen, weil wir gedacht haben, das sieht aus als wäre man gut informiert. Eigentlich war der Ausdruck so ein bisschen: “Ich habe die Welt verstanden wenn ich das gelesen habe.” Und heute, 20 Jahre später, kann ich mich dafür eigentlich nur schämen, weil es ist ja gerade eine sehr einseitige Darstellung in beiden Zeitungen. Das sind schon kluge Leute, die drin schreiben – das muss man sagen. Es gibt auch immer wieder gute Artikel. Aber insgesamt ist es doch eigentlich immer NATO-Propaganda. Also, jeder Krieg, den ein NATO-Land führt, wird applaudiert, 9/11 war natürlich Osama bin Laden, wer es hinterfragt ist ein Verschwörungstheoretiker und in der Ukraine ist es ganz klar: Die Russen sind die bösen. Und dass Deutschland in den Syrien-Krieg zieht ist vollkommen ok. Und das haben jetzt viele Menschen begriffen, dass die Berichterstattung im Spiegel und auch in anderen Leitmedien zur Ukraine nicht dem Frieden dient und eigentlich Kriegspropaganda ist und sie fragen sich: “Warum sollte ich für so etwas noch bezahlen?”

Warum die Bundeswehr für Al Qaida arbeitet und die UNO nicht funktioniert – Teil 4: Dr. Daniele Ganser im Interview

Vor einiger Zeit bekam ich die Möglichkeit, den bekannten schweizer Historiker, Friedens- und Energie-Forscher Dr. Daniele Ganser im Büro seines Swiss Institute for Peace and Energy Research (SIPER) bei Basel zu besuchen um ein Interview mit ihm zu führen. In einer äußerst freundlichen, lustigen und von beiderseitigem Interesse geprägten Stunde sprachen wir über seine Person, seine Arbeit, illegale Kriegsführung und Fußball. Weiterlesen sei daher jedem empfohlen, der schon immer wissen wollte, warum die UNO nicht funktioniert, und was Medienkompetenz und Kriegspropaganda mit Fußball gemein haben.


 

In diesem Jahr, kurz vor dem 15-jährigen Jubiläum von 9/11, hat der Stern über einen Artikel aus den Euro Physics News berichtet, in dem es um die kontrollierte Sprengung aller drei Gebäude im World Trade Center-Komplex ging.

Das ist wirklich neu. Der Stern hat in den letzten 15 Jahren nie so etwas abgedruckt. Das ist der Artikel von Steven Jones und Tony Szamboti, der ist im August rausgekommen. Ich kenne diese Leute natürlich Diese Debatte, dass alle drei Türme gesprengt wurden, gibt’s schon lange. Ob es so ist oder nicht, sage ich immer, lasse ich persönlich offen. Aber ich finde, die Debatte muss Platz haben. Und ich habe mich sehr dafür eingesetzt, dass es sie überhaupt gibt, dass es WTC 7 als Phänomen überhaupt gibt. Das wurde lange, lange unterdrückt. Und das würde ich jetzt als einen Fortschritt bezeichnen. Ich würde sagen, dass wir jetzt 15 Jahre später an einem Punkt sind, wo zumindest 9/11 hinterfragt werden darf. Und zwar nicht nur auf Russia Today oder KenFM – das sind ja sowieso alternative Medienstrukturen – sondern in den deutschen Leitmedien. Das bedeutet eben auch, dass dort in der Redaktion gewisse Leute sitzen, die sich sagen, man muss diese Debatte zulassen. Das kann sein, weil sie von den Fakten überzeugt sind. Es kann aber auch sein, weil sie sonst alle Leser verlieren. Ich weiß es noch nicht, was jetzt hier der Grund ist. Die Leute haben ja eine Auswahl und ich denke, es gibt immer mehr Menschen, die den ganzen Krieg gegen den Terror insgesamt ablehnen, also auch den Krieg gegen Afghanistan, gegen Syrien, gegen den Irak, gegen Libyen, an dem Deutschland nicht teilgenommen hat, weil sie sehen, dass der Netto-Zustand von diesen Ländern jetzt nicht als fortschrittlich bezeichnet werden kann. Das ist einfach nur Chaos. Auch der deutsche Kriegseinsatz in Afghanistan ist meiner Meinung nach falsch und es wäre auch falsch, wenn Afghanistan Deutschland angegriffen hätte. Das ist eben das Prinzip der UNO-Charta. Das ist jetzt auch das neue Buch, mit dem ich rauskomme: “Illegale Kriege”. Da erkläre ich, dass das Prinzip der UNO völlig einfach ist. Ein Land darf ein anderes Land nicht angreifen. Ende. Das ist es schon. Das nennt sich das Gewaltverbot. Und aus welcher Erfahrung war das? Das war der Deutschland-Feldzug gegen Polen 1939. Es wäre auch falsch gewesen, wenn Polen Deutschland überfallen hätte. Das hat man begriffen und nach 60 Millionen Toten hat man das dann 1945 unterschrieben. Was man in den letzten 70 Jahren hatte, war in Deutschland eine starke Friedensbewegung bis in die ‘90er-Jahre, bis dahin hat Deutschland kein einziges anderes Land angegriffen. In dieser Zeit haben die Amerikaner Vietnam angegriffen, sie haben Libyen 1986 angegriffen, das ist völlig illegal. Dann haben sie Kuba angegriffen, 1961, Schweinebucht-Invasion. 1981 haben sie Nicaragua angegriffen. Dann haben sie 2001 Afghanistan bombardiert, dann haben sie Libyen bombardiert… Das heißt, die Amerikaner halten sich überhaupt nicht an das Gewaltverbot und sie müssten in der UNO verurteilt werden. Das passiert aber nicht, weil sie ein Veto haben. Und das, was eigentlich tragisch ist, ist dass in den ‘90er-Jahren dann auch Deutschland von den Amerikanern sozusagen wieder auf die Kriegsachse gezogen wurde. Die Amerikaner haben das Kriegsbeil nie begraben. Das ging vom zweiten Weltkrieg direkt weiter. Dann kam gleich der Korea-Krieg in den ‘50er-Jahren, 1053 hat man die Regierung im Iran gestürzt, das ist völlig illegal. Eisenhower ist ein Kriegsverbrecher. Und dann ’54 hat man die Regierung in Guatemala gestürzt, das darf man auch nicht. Und das schlimme, was ich bedauere, ist natürlich dann, dass Deutschland in den ‘90er-Jahren mit reingezogen wurde mit dem Krieg in Jugoslawien, vor allem der Bombardierung von Serbien ’99. Und da sieht man wieder das Gleiche, was wir schon vorher angesprochen haben, das Dämonisieren. Man muss zuerst spalten: Hier die gute NATO, da die bösen Serben. Und bei den Serben muss man sozusagen aus Milosevic einen neuen Hitler machen. Das ist die Kriegspropaganda, so funktioniert’s. Es gab Werbeagenturen, die haben ganz explizit das Feindbild Serbien gepflegt und haben dann Berichte gebracht wie “Der Schlächter von Belgrad”. Und da war schon klar, dass jetzt Milosevic diese Rolle hat und dann hat man’s den europäischen Intellektuellen und auch der Bevölkerung so verkauft, dass das ein Beitrag für eine bessere Welt ist. Das ist so ein billiger Trick!

Da ist ja Syrien momentan nicht anders. Da fand ich es dann interessant, als Assad der ARD ein Interview gegeben hat und gefragt hat, wie wir Deutschen es fänden, wenn seine Flugzeuge über Deutschland fliegen würden. Er hat den Spieß immer wieder rumgedreht. Das fand ich einen interessanten Ansatz!

Genau. Die Friedensforschung hat das einfache Prinzip: Hansel schlägt Susi. Wenn man das lange studiert denkt man, das ist kompliziert. Und dann macht man: Susi schlägt Hansel. Und das ist der erste Schritt bei jedem Konflikt. Man muss sich auch fragen: Was ist denn, wenn Gaddafi Sarkozy bombardiert hätte? Was ist denn, wenn durch Berlin afghanische Truppen patrouillieren würden? Würden die Deutschen sagen, “Vielen Dank, dass Sie uns helfen, die innere Sicherheit aufrecht zu erhalten!”? Dann würden Sie sagen: “Nein, wir wollen euch nicht! Geht nach Hause! Wir sind hier!” Das ist natürlich in der Schweiz auch ganz ganz stark verwurzelt. Wir wollen auf keinen Fall irgendwelche amerikanischen Militärstützpunkte in der Schweiz. Und dieses Nationalbewusstsein, dass man sagt, wir wollen keine fremden Truppen im Land, das haben eben auch die Afghanen. Ich habe kürzlich einen Vortrag in Paris gehalten und ich habe ihnen gesagt: “Schaut her, 1940 wurde Frankreich durch Deutschland besetzt. Und dann habt ihr euch gewehrt. Dann habt ihr die Deutschen getötet. Und das war doch ‘Résistance’.” Und alle: “Ja, Résistance! Résistance ist eine super Sache!” Und dann hab ich gesagt: “Ok, 2003 haben die Briten und die Amerikaner den Irak angegriffen und besetzt. Dann haben sie die Schiiten an die Macht gebracht in Baghdad. Und dann haben sich die Sunniten gewehrt. Aber das ist jetzt Terror. Ist denn die französische Résistance gegen die Deutschen auch Terror? Wart ihr Terroristen? Sind denn jetzt die Sunniten im Irak Résistance oder ist das Terror?”

Hoffen Sie auch ein wenig, dass die Forschung zu 9/11 weitergeführt wird und in der Öffentlichkeit irgendwann anerkannt wird, damit ihr eigener Ruf dann, zumindest zu einem gewissen Maß, wiederhergestellt wird? Der wurde durch Ihre Forschung zu dem Thema ja doch massiv beschädigt.

Ja gut, über meinen Ruf mache ich mir gar nicht mehr so Sorgen, weil ich weiß natürlich, dass die Leute, die meine Forschung schätzen, das super finden. Und die Leute, die finden ich sei ein Vollidiot, die werden diese Meinung so schnell nicht ändern. Ich hab mal in einem Kurs gelernt: “Den Weisen berührt weder Lob noch Tadel.” Da hab ich lange drüber nachgedacht und dann hab ich gemerkt, ich bin nicht weise. Ich reagiere auf Lob mit Freude und fühle mich wohl und fühle mich bestärkt. Und bei Tadel bin ich niedergeschlagen, bin ich ärgerlich. Und dann hab ich mir gesagt, dass es wohl völlig klar ist, dass bei 7 Milliarden Menschen auf der Welt irgendwelche Leute mich immer als Idioten einschätzen werden. Jetzt kannst ich mir alle Mühe geben und versuchen, dass diese Leute mich super finden, aber es wird mir nie gelingen. Es wird auch bei 7 Milliarden Menschen immer so sein, dass ein paar das wirklich super finden, was ich mache. Dann hab ich mir gesagt: Aber ich zieh mir das nicht zu stark rein. Das ist wie eine Wippe. Wenn man vom Lob extrem beeinflusst wird, besteht eine gute Chance, dass man auch vom Tadel stark beeinflusst wird. Ich lese ja immer die ganzen Friedensforscher, den Dalai Lama, Dag Hammarskjöld, Nelson Mandela, Martin Luther King, Sophie Scholl. Wenn man die liest, dann ist ganz klar was die sagen: Du musst deinem inneren moralischen Kompass folgen. Ende. Du darfst niemanden vergewaltigen, enthaupten, umbringen, abwerten. Und für das brauchst du gar kein Buch lesen. Das weißt du schon. Sophie Scholl hat es am besten ausgedrückt: “Wir haben alle Maßstäbe in uns, aber wir richten uns nicht danach, weil es sind die härtesten Maßstäbe.” Man weiß ja wenn man lügt. Man weiß wenn man täuscht.Und die sagen alle, dass es wirklich darum geht, eine Balance zu finden, egal ob draußen ein Chaos tobt. Sophie Scholl hat noch diese Flugblätter in der Uni in München verteilt wo sie wusste, sie war die totale Minderheit. Festgenommen und enthauptet. Das war halt der Weg. Und so bin ich hier in der Schweiz und ich hab ja vergleichbar keine Risiken. Mahatma Gandhi wurde auch erschossen, Martin Luther King auch. Dag Hammarskjöld starb bei einem Flugzeugabsturz und wurde vermutlich auch umgebracht. Kennedy wollte die Amerikaner aus dem Vietnam-Krieg zurückziehen, wurde auch erschossen. Das heißt, wenn man wirklich in die Friedensforschung einsteigt und sehr gründlich arbeitet, dann ist sicher der Wunsch, dass man überlebt, ja, aber es ist sicher nicht mehr die Erwartung, dass der Ruf unbeschadet bleibt. Wenn die Friedensforschung genügend relevant ist, wird es Angriffe geben. Klar, wenn die 9/11 Debatte so weitergeht wie im Moment, wenn man eben diesen Stern-Artikel anspricht, dann kann es sein, dass es immer mehr dazu kommt, dass die Leute den ganzen Krieg gegen den Terrorismus verstehen. Es geht gar nicht nur um 9/11, sondern es geht um die letzten 15 Jahre. Vielleicht sagt man dann plötzlich: “Hör zu, wir sind in der Gewaltspirale, mehr Gewalt bringt uns da nicht raus.” Das ist eine Position, die schon immer mehr um sich greift. Aber nicht überall gleich, das ist klar. In Syrien gibt es jetzt viele Leute, die sagen, sie brauchen jetzt noch mehr Gewalt. Ich war gerade in Frankreich, die sind völlig davon überzeugt, dass sie das richtige gemacht haben, als sie Libyen bombardiert haben. Es gibt immer ganz verschiedene Gruppen, die ganz verschiedenes denken. Da hat die Friedensforschung eine ganz klare Haltung. Sie sagen: Mehr Gewalt wird das Problem nicht lösen. Wir haben große Probleme im 21. Jahrhundert, ganz klar, aber mit Gewalt werden wir sie nicht lösen. Wir können auch noch eine Atombombe abwerfen, dann haben wir die Probleme auch nicht gelöst. Wir können auch noch mehr foltern, wir können die Leute in Säure auflösen, das wurde alles schon gemacht. Das wird nichts nützen. Also das, was wir wirklich üben müssen, ist Konflikte ohne Gewalt zu lösen.

Hat die UNO nicht versagt, wenn es trotz des Gewaltverbots soviel Krieg auf der Welt gibt?

Die UNO hat schon versagt ja. Sie hat immer noch diesen normativen Charakter, dass sie sagt, als Idee darf kein Land ein anderes angreifen. Es wichtig, dass das in der UNO sozusagen deponiert ist. Der Sicherheitsrat besteht aus 15 Ländern und fünf sind mit Veto-Macht, das sind China und Russland, also die beiden aus den BRICS-Ländern, und dann dreimal NATO, also NATO-USA, NATO-Frankreich, NATO-England. Und das bedeutet natürlich unter dem Strich, dass die NATO Kriege führen kann und nicht verurteilt wird, weil sie im Sicherheitsrat dreifach vertreten sind. Da fragt man sich, wie soll denn das sein, wenn das mächtigste Militärbündnis dreifache Veto-Macht im Friedensbündnis hat? Dann kann das Friedensbündnis nicht viel machen. Und der zweite Punkt ist, dass inklusive Russland und China die fünf ständigen Mitglieder im Sicherheitsrat die größten Waffenexporteure sind. Das heißt, die profitieren von jedem Konflikt. Und dann ist klar, dass die Dinge falsch aufgestellt sind. Das ist wie der Fuchs im Hühnerstall und dann muss man sich ja auch nicht fragen, warum immer wieder ein Huhn gerissen wird. Der Fisch stinkt vom Kopf her. Die Struktur ist völlig falsch.

Sollten dann die kleineren Ländern die größte Macht in der UNO haben?

Ja, als Schweizer fände ich das eine gute Idee. [lacht] Man muss die Macht zerstückeln. Das ist eigentlich das Fazit von meiner Forschung, dass die Macht an und für sich korrumpiert. Das heißt, wenn man jetzt den Schweizern alle Militärbasen der Amerikaner geben würde und ein Rüstungsetat in dieser Größe und noch so ein Bruttosozialprodukt und dann noch die ganze Rüstungsindustrie… Die ersten paar Jahre würde man sagen: “Nein, nein, wir bombardieren niemanden. Haben wir nie gemacht!” Aber plötzlich würde die Korruption der Macht kommen und man würde  wieder andere Länder bombardieren. Das ist jetzt nicht so, weil die Schweiz überhaupt keine Flugzeugträger hat. Wir haben keine Militärstützpunkte im Ausland. Wir haben seit 160 Jahren keinen Krieg im eigenen Land. Das ist völlig unglaublich! Es gibt nur ein einziges Land auf der Welt mit einer so langen Friedensperiode. Das heißt nicht, dass wir gar nicht beteiligt sind. Wir sind ja manchmal beteiligt über Rüstungsexporte oder über Geldflüsse. Der Punkt ist schon, dass die kleineren Länder mehr angewiesen sind auf das Recht. Darum pochen sie mehr auf die Einhaltung des Völkerrechts. Und die großen Länder, allen voran eben das Imperium USA, aber auch die 28 NATO-Staaten… Das ist genau gleich wie in der Schule. Die stärksten Jungs können, wenn sie wollen, mal jemanden verhauen. Der schaut dann in die Röhre. Und ich denke, darum braucht es eine kritische Auseinandersetzung mit der NATO. Ich bin durchaus der Meinung, dass Deutschland aus der NATO austreten sollte. Die Schweiz sollte aus dieser Partnership for Peace austreten, weil es eben eine Partnership for War ist. Die NATO ist keine Kraft für den Frieden. Es ist auch kein Verteidigungsbündnis, es ist ein Angriffsbündnis. Das sieht man an den Fakten. Es ist nicht so, dass Serbien ein NATO-Land angegriffen hat, sondern das war eine “Out-of-Air-Operation”, das heißt, man hat völlig die Prinzipien der NATO auf den Kopf gestellt. Dann hat man Afghanistan angegriffen. Plötzlich hat man gesagt, wir müssen uns am Hindukusch verteidigen. Da hat man auch gedacht: “Ja, ist das ein Berg in Südbayern?” Dem entspannten Beobachter wurde da schon klar, da stimmt irgendetwas nicht. Und das ist auch ganz entscheidend: Die deutschen Tornados sind in Syrien und machen Luftaufklärung. Sie werfen keine Bomben. Die Luftaufklärungsdaten gehen ins Kommandozentrum der Amerikaner, der Türken, der Engländer, der Franzosen, wo auch die Golfmonarchien Saudi Arabien und Qatar vertreten sind. Und die geben die Daten an die Rebellen – sie sagen, sie geben’s nur den moderaten Rebellen – aber die geben’s der Al Nusra Front und die Al Nusra Front ist Al Qaida. Wie abgefahren ist denn das? Deutschland macht Luftaufklärung für Al Qaida. Wenn das Volk das wüsste, würden die sagen: Raus aus der NATO!

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 Dr. Daniele Ganser ist Historiker, Friedens- und Energieforscher. Er ist Gründer des Swiss Institute for Peace and Energy Research (SIPER) und hat bereits mehrere Bücher veröffentlicht. Sein aktuelles Buch „Illegale Kriege“ erschien im Oktober 2016 im Orell Füssli-Verlag, der auch bereits seine Werke „Europa im Erdölrausch“ und „NATO-Geheimarmeen in Europa“ veröffentlichte. Alle drei Bücher kann ich ausnahmslos empfehlen.

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“Wer behauptet, man braucht keine Privatsphäre, weil man nichts zu verbergen hat, kann gleich sagen man braucht keine Redefreiheit weil man nichts zu sagen hat.“ Edward Snowden

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Hier noch eine kurzes Video zur Erklärung der Grafik Gewaltspirale der US-Kriege

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