Dr. Zorn: „Die private Geldschöpfung ist ein Grundübel“ Interview

Finanzmarkt- und Konzernmacht-Zeitalter der Plutokratie unterstützt von der Mediakratie in den Lobbykraturen der Geld-regiert-Regierungen in Europa, Innsbruck am 03.03.2016

Liebe® Blogleser_in,

Bewusstheit, Liebe und Friede sei mit uns allen und ein gesundes sinnerfülltes Leben wünsch ich ebenfalls. 

Aus dieser Quelle zur weiteren Verbreitung entnommen: 

http://www.neopresse.com/finanzsystem/interview-mit-dr-michael-zorn-die-private-geldschoepfung-ist-ein-grunduebel/

Interview mit Dr. Michael Zorn – „Die private Geldschöpfung ist ein Grundübel“

Dr. Michael Zorn (Foto: privat, mit freundlicher Genehmigung)

Dr. Michael Zorn (Foto: privat, mit freundlicher Genehmigung)

Michael Zorn hat Wirtschaftswissenschaften studiert und ist danach im Anlagengeschäft durchgestartet, wo er zuerst als Banker, dann als Vermögensverwalter in der Schweiz eine erfolgreiche Karriere hinlegte. Als kritischem Geist fiel ihm jedoch immer mehr die Diskrepanz zwischen der eigentlich zugedachten Rolle des Finanzwesens (Bereitstellung von Geldern für Menschen und Wirtschaft im Kreditbereich) und der Realität (ausufernde Spekulation auf Kosten von Mensch und Umwelt, massive Zunahme betrügerischer oder zumindest unseriöser Finanzprodukte) auf; also beschloss Dr. Zorn, sein Wissen und Können einzusetzen, um Veränderungen für ein menschenwürdiges und gerechteres Finanzsystem zu unterstützen.

Inzwischen ist Zorn für die in Österreich beheimatete, aber auch über die Grenzen hinaus aktive, genossenschaftlich organisierte Gemeinwohl-Kooperative „Allmenda“ tätig; hauptsächlich ist er dort für das Gebiet der Regional- und Komplementärwährungen zuständig, wo seine Expertise stets gefragt ist. Darüber hinaus engagiert er sich bei der „Bank für Gemeinwohl“, die gerade in Gründung begriffen ist und noch Zeichner (Mitgründer) sucht. Also mehr als genug interessante Ansätze, um den Mann einmal ausführlich dazu zu befragen.

Herr Dr. Zorn, die erste Frage ist wohl jene, die ein Finanzexperte zur Zeit am häufigsten gestellt bekommt: Geht unser Finanzsystem den Bach runter und wenn ja, wann?

 

Michael Zorn: Das Finanzsystem ist auf jeden Fall in seiner Endphase. Ob es Geldmengenwachstum, Staatsschulden, Spekulation, Krisenanfälligkeit oder Zentralbankinterventionen betrifft – überall zeigt sich, dass dieses System immer mehr an seine Grenzen stößt. Ein Hauptmerkmal unseres Finanzsystems ist, dass durch Zins und Zinseszins sowie Geldschöpfung der Banken (Fiat Money) die Geldmenge einem exponentiellen Wachstum unterliegt. In der Frühphase einer solchen Entwicklung ist das unproblematisch; wir befinden uns jetzt jedoch in der Phase, wo die Wachstumskurve bereits sehr steil ist, beziehungsweise nach oben zeigt. Wie weit und wie lange diese Entwicklung sich weiter fortschreiben lässt, weiß niemand; dass solche Kurven aber stets auch genauso schnell wieder von der Spitze in den Keller rasseln, wie sie hochgekommen sind, ist eine historische Gewissheit.
In Wirklichkeit ist unser Geldsystem nichts anderes als ein riesiges Schneeballsystem und der Tag, an dem sich dieser Schneeball in eine Lawine verwandelt, ist eher nah als fern.

Klingt bedrohlich; ist dieses Wissen ein Standardwissen in der Finanzbranche? Sind sich die Akteure im Klaren darüber?

Michael Zorn: Jedem Menschen mit etwas gesundem Hausverstand, sowieso aber jedem Fachmann sollte das eigentlich klar sein. Das Problem ist, dass dies eine sehr unbequeme Wahrheit ist, die wir lieber nicht hören möchten.

Das hieße ja in weiterer Folge, dass die Finanzbranche, gerade deren Spitzen, ziemlich unverantwortlich agieren?

Michael Zorn: Die Spitzen der Finanzbranche sind die klaren Profiteure dieses Systems. Sie verhalten sich daher – aus ihrer Perspektive gesehen – nicht unverantwortlich, da sie ja ihre Gewinne maximieren. Das ist eher unsozial als unverantwortlich. Wenn man bedenkt, dass Hedgefonds-Manager Milliardengehälter kassieren, dann ist es nicht verwunderlich, dass man diese Sache weiter durchzieht, so lange es eben geht.

Was bedeutet das für den einzelnen Menschen? Gibt es etwas, das ein Einzelner tun kann, um sich den zerstörerischen Auswirkungen dieses Systems zu entziehen?

Michael Zorn: Tatsache ist, dass sich solche Situationen, wie wir sie derzeit erleben, immer durch große Krisen, Crashes oder Kriege entladen. Wir sind deshalb gefordert, aus der Geschichte zu lernen. Die letzten beiden großen „Lösungen“ solcher Situationen waren der Erste und der Zweite Weltkrieg. Es wäre sehr wünschenswert, dass man jetzt endlich einmal andere Wege beschreitet. Deshalb müssen verantwortungsbewusste Menschen nach alternativen Lösungen und Wegen suchen.
Ich für mich, habe mich aus der Finanzbranche weitestgehend zurückgezogen und nehme mich hauptsächlich dreier Themen an: Die Gründung einer ethischen Bank in Österreich zu unterstützen, die Verbreitung von Regionalwährungen zu fördern und alternative Finanzsysteme in der Öffentlichkeit bekannt zu machen.

Alternative Finanzsysteme – sowas wie Bitcoin?

Michael Zorn: Nein, ich meine eher den „Gradido“. Das ist ein vom Deutschen Bernd Hückstädt entwickeltes Modell für ein alternatives Finanzsystem.
Funktionieren tut das so: Jeder Bürger hat das Recht auf ein aktives Grundeinkommen, der Staat bekommt in gleicher Höhe finanzielle Mittel für seine Aufgaben bereitgestellt und außerdem wird als dritte Säule des Systems ein Umwelt- und Sanierungsfond dotiert – alles in gleicher Höhe pro Bürger. Die hierfür notwendigen Mittel schöpft ausschließlich der Staat.
Um die Geldmenge stabil zu halten, ist der Gradido einem Schwund von 50% pro Jahr unterworfen. So könnte dieses System allen dienen: Grundversorgung für alle Menschen (ähnlich dem bedingungslosen Grundeinkommen) bereitstellen, einen ausreichenden Staatshaushalt gewährleisten sowie Umweltprobleme und andere Altlasten sanieren. Eine Staatsverschuldung wäre dazu nicht notwendig.
Im Gegensatz zu unseren Finanzsystem wäre im Gradido-System durch den geplanten Schwund des Geldwertes die Regulierung, die bei unserem aktuellen System durch Krisen und Kriege erledigt wird, schon mit eingebaut; das würde uns in Zukunft viel menschliches Leid ersparen.

Ein häufiger Kritikpunkt am Geldsystem ist ja gerade dieser Punkt, nämlich dass das Geld eben von Zentralbanken geschöpft wird, hinter denen wiederum mächtige Privatbanken stehen; der Gradido setzt ja auch genau da an. Ist es nicht der Grundfehler des Systems schlechthin, dass die Staaten kein Monopol zur Geldschöpfung haben?

Michael Zorn: Ganz genau. Die Privatisierung der Geldschöpfung stellt ein Grundübel dar, sie gehört auf jeden Fall wieder verstärkt in die Hände des Staates gelegt (Monetative).
Es braucht eine Reform des Geldsystems (z. B. Vollgeldreform), das heißt, dass Geld wieder gedeckt sein muss und nicht aus Luft erschaffen werden kann. Denn wenn der Staat die Kontrolle über die Geldschöpfung hat, profitieren von diesem Vorteil alle; wenn hingegen die Geldschöpfung in der Hand privater Banken liegt, profitieren ausschließlich diese, während die Allgemeinheit die Lasten trägt.

A propos Bedingungsloses Grundeinkommen – Sie haben da einmal den bemerkenswerten Satz gesagt: „Je mehr man über ein BGE nachdenkt, desto mehr Sinn macht es.“ Lassen Sie uns an diesen Gedanken teilhaben!

Michael Zorn: Die ersten Reaktionen der meisten Menschen, wenn man vom BGE redet ist meist: „Dann würde ja niemand mehr arbeiten …“

Sehen Sie das nicht so?

Michael Zorn: Überhaupt nicht. Denn gerade, wenn man die gleichen Menschen die das behaupten fragt, ob sie selbst denn weiterarbeiten würden, sagen fast alle immer ja. Besonders interessant wird es wenn sie sagen: „Ja, aber…“.
Denn ein Grundeinkommen würde uns eine Wahlmöglichkeit verschaffen. Arbeiten ja – aber nicht für jeden Hungerlohn und nicht zu jeden Bedingungen.
Die zweite große Frage ist immer die nach der Finanzierung; auch hier muss man nur ein Stück weiterdenken und überlegen, welche Kosten des Staates wegfallen würden: Sozialhilfe, Arbeitslosen- und Notstandhilfe, viele Förderungen wie Kindergeld usw. – und natürlich auch die gesamte Verwaltung all dieser Bereiche! Das würde auch extreme Vereinfachungen in der Steuerverwaltung mit sich bringen; all das zusammen führt wiederum dazu, dass ein BGE überraschenderweise relativ problemlos finanzierbar wäre.
Und dabei hat man die Möglichkeit einer echten Steuerreform, bei der Konzerne, Höchsteinkommen und sehr große Vermögen stärker besteuert werden, noch gar nicht in Betracht gezogen.

Wäre das BGE dann in jedem Land gleich hoch oder unterschiedlich?

Michael Zorn: Das BGE definiert sich so, dass es in dem Land, wo es eingeführt wird, eine existenzsichernde Betragshöhe sein sollte und dabei nicht an irgendeine Bedingung zur Auszahlung gebunden sein darf. In Österreich und Deutschland wären das aktuell so etwa 1200 Euro, in der Schweiz natürlich wesentlich mehr.
Allerdings halte ich den vorher schon erwähnten Gradido für das fortschrittlichere, besser entwickelte Modell als „nur“ ein normales BGE.

Ist das nicht ein bisschen eine utopische Träumerei, an sowas wie BGE und Gradido zu glauben?

Michael Zorn: Natürlich sind das sehr idealistische Modelle. Aber wenn wir den sozialen Frieden wahren wollen, werden wir über kurz oder lang nicht umhin kommen, darüber nachzudenken. Möglicherweise sind wir von solchen Systemen noch weit entfernt, darum gefällt mir auch das Projekt zur Gründung der ersten ethischen Bank in Österreich so gut.

Gutes Stichwort: „Bank für Gemeinwohl“, das klingt fast schon zu schön, um wahr zu sein. Können Sie kurz erklären worum es da geht und wie es funktioniert?

Michael Zorn: Das ist ein sehr konkretes Projekt, das sich jetzt aktuell in Umsetzung befindet und wo sich auch jeder daran beteiligen kann. Aus der Mitte der Bevölkerung heraus soll eine ethische Bank gegründet werden. Diese soll wiederum ausschließlich den Menschen und der Realwirtschaft dienen; Spekulation wird ausgeschlossen.

Wie erwirtschaftet diese Bank dann Gewinn?

Michael Zorn: So wie es eigentlich jede Bank tun sollte: Aus einer Spanne zwischen den Kosten für die Einlagen der Kunden und den Kosten für vergebene Kredite.

Kosten? Sind da Zinsen gemeint?

Michael Zorn: Diese Bank hat in ihrer Vision das Ziel, sich vom Zinsanspruchsdenken zu verabschieden. Kunden werden zum Zinsverzicht eingeladen und für Kredite sollen in Zukunft keine Zinsen, sondern kostendeckende Gebühren verlangt werden. Der Kunde erhält als Gegenwert nicht Rendite sondern die Gewissheit, dass sein Geld sinnstiftend, ethisch und ökologisch verantwortlich sowie dem Gemeinwohl dienend verwendet wird – und zwar indem ausschließlich Projekte finanziert werden, die diesen Kriterien genügen. Also weg von der materiellen, hin zur ideellen Rendite.

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit aus dem Projekt „Bank für Gemeinwohl“ auch was wird?

Michael Zorn: Diese Bank wird nur entstehen, wenn die Bürger in Österreich, die ja die Gründer dieser Bank sein sollen, sich jetzt auch aktiv an dem Projekt beteiligen undGenossenschaftsanteile zeichnen. Zur Gründung der Bank benötigt das Projekt mindestens 6 Mio. Euro; Ziel sind allerdings 15 Mio. Grundkapital, das von bis zu 40.000 Genossenschaftern zur Verfügung gestellt werden soll.

Es heißt ja, innerhalb eines falschen Systems könne es gar kein „richtig“ geben. Ist so eine Bank innerhalb des bestehenden Geldsystems nicht von vornherein zum Scheitern verurteilt?

Michael Zorn: Ziel muss es sein, das bestehende System zu verändern und neue Wege zu gehen. Mein Leitspruch in diesem Projekt ist ein Zitat von Buckminster Fuller, sinngemäß: „Wer etwas verändern will, sollte nicht das bestehende System bekämpfen, sondern neue Modelle schaffen, die das Alte überflüssig machen.“

Wird die „Bank für Gemeinwohl“ auch Komplementärwährungen im Angebot haben? – Könnten diese gar ein Ausweg sein?

Michael Zorn: Komplementärwährungen werden sicher für diese Bank auch ein Thema sein. Wie und in welcher Form, steht allerdings noch nicht fest. Durch die Einführung des Euro ist unser Währungsraum rapide angewachsen und viele Menschen haben das Vertrauen in diese Währung (Euro) verloren.
Komplementär- und/oder Regionalwährungen können dabei helfen, wieder Kontrolle über „sein Geld“ zurück zu erhalten, da sie nur dort zirkulieren und Wertschöpfung schaffen, wo sie auch ausgegeben werden.
Regionalwährungen schaffen damit wieder mehr Identifikation und somit auch mehr Vertrauen; deshalb erleben sie im Moment auch einen Boom in ganz Europa. Sollte der Euro einmal kollabieren, könnten Regionalwährungen bereits bestehende, funktionierende, lokale Strukturen und Geldsysteme bieten.

Wie zuversichtlich sind Sie, dass sich in dieser Thematik in absehbarer Zeit etwas ändern wird?

Michael Zorn: Wenn wir diese Themen Parteien und Politikern überlassen, bin ich nicht sehr zuversichtlich. Ein trauriges Beispiel dafür hat man gesehen als die Finanztransaktionssteuer eingeführt werden sollte und dann doch von den Lobbyisten der Banken wieder verhindert wurde. Veränderungen müssen von der breiten Zivilbevölkerung ausgehen. Dazu sind Verständnis zu den Themen und Engagement notwendig.
Die vielen zivilgesellschaftlichen Projekte, Genossenschaften und Bewegungen, die derzeit überall entstehen, geben mir am meisten Hoffnung.

Links:
Allmenda Social Business e.G.
Alternatives Geld- und Wirtschaftsmodell „Gradido“
Bedingungsloses GrundeinkommenDie vierte Säule – Monetative
Bank für Gemeinwohl
Genossenschaftsanteile

 
 

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Aus dem per ÖVP-Amtsmissbräuche offenkundig verfassungswidrig agrar-ausgeraubten Tirol, vom friedlichen Widerstand, Klaus Schreiner

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“Wer behauptet, man braucht keine Privatsphäre, weil man nichts zu verbergen hat, kann gleich sagen man braucht keine Redefreiheit weil man selbst nichts zu sagen hat.” Edward Snowden.

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