IST BODENPREISWUCHER UNCHRISTLICH? Gastbeitrag Hr. Walter Katzmayr – Vielen Dank dafür! Bitte lesen und darüber nachdenken.

Leistbares Wohnen

oder besser

leistbarer Lebensraum 

Arbeitskreis: Einberufen von Bischof Dr. Manfred Scheuer

Sitzung am 15.01.2008, Haus der Begegnung, Innsbruck

  IST BODENPREISWUCHER UNCHRISTLICH?

Nahezu wöchentlich, ja manchmal sogar täglich befassen sich die Medien mit den hohen und in letzter Zeit überdurchschnittlich steigenden Wohnkosten in Österreich (siehe Verbraucherpreisindex mit Detailauswertungen) und ganz besonders in Tirol. Im Raum Innsbruck kostet beispielsweise eine Eigenturmswohnung rund doppelt so viel wie in Eisenstadt. Diese Mehrkosten werden absolut nicht auf Grund der hohen Lohnkosten in Tirol verursacht, sondern überwiegend durch die hohen  Preise für Grund und Boden, oder anders ausgedrückt, primär auf Grund von Bodenspekulation oder Bodenpreiswucher, der durch das Tiroler Landesgrundverkehrs- und Raumordungsgesetz, sowie durch die Widmungsmodalitäten begünstigt wird. 

Unter dieser –  für viele unerträglichen – Preiswalze  haben vor allem Jungfamilien zu leiden, die bis über 50% des Haushalts-Netto-Einkommens für das Bedürfnis Wohnen aufwenden müssen. Diese Tatsache lässt die Kluft zwischen Arm und Reich zunehmend größer werden, welche sich auch in der stark steigenden Zahl der Privatkonkurse in Tirol zeigt. Im angeblich viert reichsten Land der EU – wie kürzlich die Medien über Österreich berichteten – kann die Kirche nicht schweigend zusehen, dass die Armut gerade unter Jungfamilien – aber auch Senioren – dramatisch zunimmt. Insgesamt spricht man, dass 1 Million Österreicher armutsgefährdet sind. 

Da ließen jüngst Aussagen von zwei Tiroler Spitzenpolitikern aufhorchen. Landesrat Hannes Bodner warnte die Tourismuswirtschaft vor Preiswucher im Hinblick auf die Fußball-Europa-Meisterschaft 2008, die auch in Tirol stattfindet, und Landesrat Anton Steixner bezeichnete es als moralisch sehr bedenklich, wenn aus Nahrungsmittel Treibstoffe erzeugt werden. Was für Gäste der Fußball – Europa – Meisterschaft während drei  Wochen gelten soll, muss um so mehr für alle in Tirol Gültigkeit haben, die den Mittelpunkt ihres Lebens in Tirol haben. 

Beide Landesräte mahnen damit christliche Grundwerte ein und zeigen offenbar eine neue Bereitschaft an, dass sich in Tirol die Politik auf christlich soziale Grundwerte verstärkt zu besinnen beginnt: Stopp dem Preiswucher und stopp der zweckwidrigen Verwendung von Nahrungsmittel, da diese die Grundnahrungsmittel für alle verteuert. 

Eine Anfrage beim bekannten Moraltheologen Univ. Prof. Dr. Hans Rotter SJ, was denn unter Wucher zu verstehen sei, ergab, dass die herrschende Lehre der Kirche darunter „ein sich Bereichern auf Kosten des anderen“ verstehe. Auch was manche unter „Markt“ verstehen führe zu Ungerechtigkeiten im Sinne von Wucher. Und Rotter stimmte dem voll zu, dass die Bodenspekulation in Tirol und die willkürliche Bodenpreisfindung mit Wucher zu bezeichnen ist.

Die Schöpfung stünde allen Lebewesen offen, so auch den Menschen. Und es sei moralisch nicht vertretbar, große Bevölkerungsgruppen durch Wucherpreise auszugrenzen. Rotter betrachtet es als moralisch adäquat, den Wert von Grund und Boden am Ertrag zu messen, wobei die Ertragskomponente aus Arbeit (Fleiß) getrennt vom Gesamtertrag betrachtet werden muss. Die Differenz ist der Ertragsanteil aus Grund und Boden. Bei einem Verkauf muss dieser Ertrag aus dem erzielten Preis als Kapitalertrag gesichert bleiben. Der Gesamtbewertung muss aber ein gerechter Basislohn, der am Arbeitsmarkt für vergleichbare Leistungen bezahlt wird, herangezogen werden. 

Wenn sich nun die Politik neuerdings auf christlich-soziale Grundwerte und christliche Moral besinnt, dann ist es vor allem auch erforderlich, dass die Information seitens der öffentlichen Institutionen nach bestem Wissen und Gewissen der Wahrheit entspricht, und dass Statistiken nicht bewusst als Manipulation durch Halbwahrheit missbraucht werden. Die Offenheit und Ehrlichkeit muss vor allem im Bereich der Landnutzung und der Lebensraumöffnung zum Wohl der gesamten Bevölkerung eingefordert werden. 

Unter dem Überbegriff „Wohnen“ ist nicht nur das sprichwörtliche  „Dach über dem Kopf“ zu verstehen, sondern vor allem Lebensraum, an dem alles Leben ein Naturrecht auf Teilhabe besitzt. Die Schöpfung dient allen Geschöpfen. Im Schöpfungsplan gibt es kein Bauernland, welches für Bauernhand reserviert ist. 

Mit dem Überbegriff „Wohnen“ muss auch die Gesundheit aus moralischen Gründen bestmöglich gewährleistet sein. Niemand hat das Recht, absichtlich das Leben eines anderen auf welche Art auch immer zu verkürzen. Aus Gründen der Leistbarkeit darf daher aus moralischer Sicht niemand in die durch Lärm und gesundheitsschädi-genden Abgase gefährdeten Zonen gefördert  (im Sinne des Gesetzes)  werden. 

Was anfangs leistbar, weil billiger ist, entpuppt sich schließlich als Dauerlast auf Grund von Krankheit und teils Siechtum (chronische Krankheit). In diesem Fall werden durch die Wohnbauförderung Kosten auf öffentliche und private Krankenversicherer abgewälzt und insgesamt den Menschen, vielfach oft schon den Kindern geschadet, aber auch der Wirtschaft infolge des Ausfalls von Arbeitskräften. Falsch verstandene Wohnbauförderung kann sich demnach auch zu volkswirtschaftlichem Schaden entwickeln. Unter dem politischen Begriff „leistbares Wohnen“ fallen demnach gar nicht selten moralisch nicht vertretbare Entscheidungen, weil wissentlich dadurch Menschen zu Schaden kommen. 

Politisch leistbares Wohnen siedelt ferner die Menschen zunehmend verdichtet an. Der verdichtete Lebensraum lässt aber Eigeninitiative im Hinblick auf Vorsorge in Krisenzeiten nicht zu und schafft somit auf Dauer Abhängigkeiten. Verdichtetes Wohnen entfremdet den Menschen im direkten Umgang mit dem Lebensraum und direkter Verantwortung für den natürlichen Lebensraum. Verdichtetes Wohnen zwingt den Menschen in der Freizeit den Wohnsitz zu verlassen und bewirkt zusätzlichen Verkehr. Bereits  in den 80er Jahren zeigten Untersuchungen, dass Menschen, die im Grünen wohnen nur zu rund 25% ihr Domizil am Wochenende verlassen, während jene, die verdichtet wohnen, zu rund 75% das tun. Auch zeigen medizinische Studien auf, dass die verschiedenartigen  Bewegungen im Garten gesünder sind als gewisse Trendsportarten. 

In der Öffentlichkeit nahezu unbeachtet blieb die Tatsache, dass sich vor über 40 Jahren die Konzilsväter des Vatikanums II mit diesem Problem befasst haben. In der Pastoralkonstitution „GAUDIUM ET SPES“ (Freude und Hoffnung) wird von den öffentlichen Institutionen gefordert, gegen Missbrauch privaten Eigentums vorzusorgen. 

In der Vergangenheit hat die ungerechte Landnutzung weltweit wiederholt zu Aufständen und Revolutionen geführt. Dieses Problem sollte in der Gegenwart evolutionär, d.h. legistisch und friedlich auch im Geiste von „PAX CHRISTI“ einer menschengerechten und vor allem dem Schöpfungsauftrag gerechten Lösung zugeführt werden. 

Als Problemlösung könnte, sollte oder müsste den Gemeinden bei Grünlandverkauf ein Vorkaufsrecht zugestanden werden, welches ohne unmoralischen Widmungsaufschlag oder Spekulationsgewinn bei Bedarf als Bauland, Gewerbe-grund und sonstige Flächen (Sportanlagen, Parks etc.) genutzt werden kann. Das Grundverkehrs- und Raumordnungsgesetz, sowie die Widmungsmodalitäten sind ausschließlich Ordnungsprinzipien und keine Vermögens- bzw. Besitzvermehrungsprinzipien zu Lasten der Armen und Besitzlosen bzw. der Jungfamilien und Senioren. 

                                                                                             Walter Katzmayr

                                                                                             im Jänner 2008

Anzumerken ist: Hr. Walter Katzmayr (Volkswirtschaftsstudium) hat bei der AK-Studie von Hr. Univ.-Prof. DDr. Jürgen Huber „Leistbarer Wohnraum in Tirol“ sowie beim Buch von Hr. Daniel Swarovski mitgewirkt. Aus dem ÖVP-verfassungswidrig agrar-ausgeraubten Tirol, vom Widerstand, Klaus Schreiner

Ein Gedanke zu „IST BODENPREISWUCHER UNCHRISTLICH? Gastbeitrag Hr. Walter Katzmayr – Vielen Dank dafür! Bitte lesen und darüber nachdenken.

  1. Stefan Wehmeier

    Wahre Nächstenliebe

    Der gläubige Untertan, dessen Hauptsorge es ist, ein Untertan zu bleiben, glaubt an eine „Moral“, an einen Sieg des „Guten“ über das „Böse“. Doch was ist schon eine „Moral“ (unabhängig davon, ob manche sie „Ethik“ nennen) gegen das Prinzip Eigennutz = Gemeinnutz, die endgültige Lösung der Sozialen Frage? Die erstmalige Erkenntnis, wie eine ideale Zivilgesellschaft, in der es automatisch das Beste für alle bedeutet, wenn der Einzelne nur das Beste für sich anstrebt, technisch zu verwirklichen ist – und nichts anderes -, machte den Propheten Jesus von Nazareth zur berühmtesten Persönlichkeit der Welt, auf der bis heute die planetare Zeitrechnung basiert:

    (NHC III,5) Der Herr sagte: “Ihr habt alle Dinge verstanden, die ich euch gesagt habe, und ihr habt sie im Glauben angenommen. Wenn ihr sie erkannt habt, dann sind sie die Eurigen. Wenn nicht, dann sind sie nicht die Eurigen.”

    Wir sollen Jesus also nicht anbeten, sondern ihn – bzw. seine Erkenntnis – verstehen: Wahre Nächstenliebe ist nicht irgendeine „Moral“, sondern das Prinzip Eigennutz = Gemeinnutz! Und „der Herr“ war Jesus für die Urchristen (Gnostiker = Wissende) nicht, weil er etwa aufgrund einer „höheren göttlichen Moral“ Macht über sie hatte (die Macht hatten Geisteszwerge, die sich „Römische Kaiser“ nannten), sondern weil er über ein einzigartiges Wissen verfügte, das einige Wenige in Ansätzen, aber noch niemand ganz verstehen konnte. Für Moralverkäufer ist wahre Nächstenliebe aber eine Horrorvorstellung, denn dann wird die „Moral“ so überflüssig wie eine Taschenlampe (damals noch eine Kerze) bei Sonnenschein. Also hatte die „heilige katholische Kirche“, … nachdem sie im Jahr 325 zur römischen Staatsreligion geworden war, erst einmal nichts anderes im Sinn, als die originale Heilige Schrift des Urchristentums (Gnosis = Wissen) zu verbrennen und alle Gelehrten, die die Schriften gelesen hatten, zu ermorden. … Etwas in dieser Art kommt immer dabei heraus, wenn in den naiven Kategorien „gut“ und „böse“ gedacht, bzw. zu denken versucht wird.

    Jesus von Nazareth war jener Prophet, der sich als erster Denker über Gott erheben konnte, und den der Philosoph Friedrich Nietzsche in seinem Epos „Also sprach Zarathustra“ erst wieder neu erfinden musste, weil die „Bildzeitung der Antike“ (die vier biblischen Evangelien) nur noch Unsinn über ihn verbreitet. Das Genie, wenn auch zum „Gottessohn“ erhoben, wurde von der Kirche zu einem moralisierenden Wanderprediger degradiert.

    Alle, die sich heute „Christen“ nennen, leben in einem Cargo-Kult – und haben somit kein Recht, sich über irgendwelche Buschmänner lustig zu machen, die eine aus einem Flugzeug gefallene Coca-Cola-Flasche für ein „Zeichen der Götter“ halten:

    Glaube Aberglaube Unglaube

    Antworten

Schreibe einen Kommentar zu Stefan Wehmeier Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert